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Bayerischer Filmpreis 2010: Die Gewinner stehen fest

Im Münchner Prinzregententheater gab es vor dem Who is Who der deutschen und bayerischen Filmszene bei dem 31. Bayerischen Filmpreis einige Überraschungen, denn bis zur Verleihung bleiben die Preisträger streng geheim. Es gibt keine offiziellen Nominierungen – jediglich für den Ehrenpreis und den Publikumspreis stehen die Gewinner fest. Dieses Jahr wurde der Produzentenpreis geteilt und ging an zwei unterschiedliche Produktionen. Alle 14 Preise, Preisträger und die Begründung der Jury!


DER PRODUZENTENPREIS
wird in diesem Jahr geteilt und geht zu je 100.000 € an Peter Herrmann für die Produktion des Films „Wüstenblume“ und an Dietmar Güntsche und Wolfgang Behr, Neue Bioskop Film München, für den Film „Der Große Kater“.

Begründung der Jury:
Mit der Verfilmung des Bestsellers „Wüstenblume“ von Waris Dirie, der auf ihrer eigenen Geschichte beruht, hat Peter Herrmann ein wichtiges, für die Betroffenen traumatisches und gerade deshalb oft totgeschwiegenes Thema aufgegriffen. Der Oscar-Preisträger hat diesen schweren Stoff so sensibel und einfühlsam umgesetzt, dass ein großer, mitreißender und tief berührender Film entstanden ist. Gemeinsam mit der Drehbuchautorin und Regisseurin Sherry Hormann schuf er ein beeindruckendes Filmwerk zwischen schillernder Glamourwelt und archaischen Ritualen, voller Lebendigkeit und emotionaler Tiefe: Ein herausragender Film und ein aufrüttelndes Plädoyer gegen menschenverachtende Traditionen.
Der Film „Der große Kater“ erzählt zwei Tage im Leben eines Spitzenpolitikers, der erleben muss, wie relativ der Wert der Macht wird, wenn das eigene Kind im Sterben liegt. Er basiert auf Thomas Hürlimanns Bestseller, in dem dieser die Geschichte seiner Familie und vor allem die seines Vaters, eines früheren Schweizer Bundespräsidenten, erzählt. Exzellente Schauspieler – allen voran Marie Bäumer und Bruno Ganz – entwickeln mit dem Mut zu leisen Tönen eine melancholische Reflexion über die Frage, was im Leben wirklich zählt. Mit dem „großen Kater“ ist dem jungen Produzenten Dietmar Güntsche, der auch am Drehbuch mitgewirkt hat, und seinem Partner Wolfgang Behr gleich bei ihrer ersten Zusammenarbeit für das Kino eine stimmige und äußerst anrührende Literaturverfilmung gelungen. Ein wichtiger Film in Zeiten, in denen Politiker oft mehr an ihrer öffentlichen Wirkung als an ihrem konkreten Handeln gemessen werden.


DER REGIEPREIS
… ist mit 20.000 € dotiert und geht an Juraj Herz für seinen Film „Habermann“.

Begründung der Jury:
Dass Juraj Herz seine Kunst versteht, ist nicht neu. Schon zweimal hat er den Bayerischen Filmpreis bekommen und er hat ihn jetzt das dritte Mal verdient. Denn mit „Habermann“ beweist Herz, dass eine heikle Geschichte wie die gegenseitige Gewalt im Sudetenland eine besonders sensible Filmsprache braucht, ohne irgendetwas zu beschönigen. Klassisch erzählend, dabei ungemein spannend, aber eben nicht reißerisch. Ehrlich, klar, aber nicht kühl. Packend, aufwühlend, aber nie effektheischend sentimental. So mutig und kunstvoll muss eine derart wichtige Geschichte erzählt werden!


DIE BESTE DARSTELLERIN

Dieser Preis ist dotiert mit 10.000 € und wird an Barbara Sukowa für ihre Rolle in „Vision – Aus dem Leben der Hildegard von Bingen“ verliehen.

Begründung der Jury:
Barbara Sukowa ist eine der großen Schauspielerinnen unserer Zeit. Mit der Interpretation ihrer Rollen ist sie immer direkt und präzise. Sie führt mitten hinein in die Person, die sie verkörpert – unverschnörkelt und konzentriert. In Margarethe von Trotta’s jüngstem Werk „Vision – Aus dem Leben der Hildegard von Bingen“ stellt Barbara Sukowa die große Bandbreite ihrer Schauspielkunst erneut unter Beweis. Dank ihrer Intelligenz und Leidenschaft, ihrem Einfühlungsvermögen und ihrer Ausstrahlungskraft gelingt Barbara Sukowa ein differenziertes Porträt der historischen Figur der Hildegard von Bingen: Einer Frau, die ihrer Zeit weit voraus, emanzipatorisch dachte und handelte.


BESTER DARSTELLER
Diesen Preis erhält Mark Waschke für seine Rolle in „Habermann“. Dieser Preis ist mit 10.000 € dotiert.

Begründung der Jury:
Der Schauspieler Mark Waschke besticht durch sein Understatement und seine große Aufrichtigkeit im Spiel. Waschke ist in dem Film „Habermann“, der sich mit der Vertreibung der Sudentendeutschen aus ihrer deutsch-tschechischen Heimat beschäftigt, der reiche, deutsche Mühlen- und Sägewerkbesitzer August Habermann. Mit feinen, präzisen schauspielerischen Mitteln zeigt Waschke die Entwicklung Habermanns vom offenen, erfolgsgewohnten zum gebrochenen Menschen, der mit Härte um Menschenleben feilschen muss und schließlich von seinen Mitbürgern zu Tode gefoltert wird. Mark Waschke verkörpert seine Rolle ebenso vielschichtig wie transparent. Seine Leistung trägt in starkem Maße dazu bei, dass der Produktionsfirma Art Oko Film und dem Regisseur Juraj Herz mit dem Film ein erschütterndes Zeitdokument gelungen ist.


DREHBUCHPREIS
Erhält Simon Verhoeven für den Film „Männerherzen“ (dotiert mit 10.000 €).

Begründung der Jury:
Wann ist ein Mann ein Mann? – Simon Verhoeven hat sich viel vorgenommen: Er will das Leichte nicht oberflächlich und einen Episodenfilm als dramaturgische Einheit erzählen. Und es gelingt ihm. Dabei denunziert er seine Figuren nie, trifft mit seinen Dialogen den richtigen Ton und mit einer gut dosierten Mischung aus Komik und rührenden Szenen den Nerv des Publikums. „Männerherzen“ ist nicht zufällig ein Sensationserfolg an der Kinokasse und die Figur des in Würde alternden Schlagerstars Bruce ist längst Kult.


DOKUMENTARFILMPREIS
Dotiert mit 15.000 € geht er an Petra Seeger für ihren Film „Auf der Suche nach dem Gedächtnis“.

Begründung der Jury:
In dem Dokumentarfilm „Auf der Suche nach dem Gedächtnis“ tauchen wir ein in die persönliche Lebensgeschichte des Hirnforschers Eric Kandel. Der Nobelpreisträger, der während des Holocaust aus Wien vor den Nazis nach Amerika floh, erinnert sich an die traumatischen Erlebnisse seiner Kindheit und lässt dabei zugleich seine Forschung über das menschliche Erinnern greifbar und lebendig werden. Der Filmemacherin und Produzentin Petra Seeger ist es mit diesem Dokumentarfilm gelungen, die Lebensgeschichte ihres Protagonisten mit seiner Wissenschaftsgeschichte zu verweben. Entstanden ist ein unterhaltsames Portrait, in dem das hochkomplexe Thema Hirnforschung so greifbar, verständlich und einleuchtend dargestellt wird, wie dies nur selten gelingen dürfte.


PREIS FÜR DIE BILDGESTALTUNG

Dotiert mit 10.000 € erhält diesen Jana Marsik für die Filme „Same Same But Different“ und „Lippels Traum„.

Begründung der Jury:
Wie der junge Hauptdarsteller David Kross wechselt die Kamerafrau Jana Marsik gekonnt zwischen den zwei Welten des Films „Same Same But Different“. Die Klarheit der Bilder in Deutschland steht in einem spannenden Gegensatz zu der sehr lebendigen, vielschichtigen Bildsprache in Kambodscha. Wobei sie stets geschickt die vorhandenen Stimmungen nutzt, ohne jemals den richtigen Blickwinkel auf die Darsteller zu verlieren. So entsteht eine Bildsprache, der es gelingt zu faszinieren UND dabei der Geschichte zu dienen.
Mit „Lippels Traum“ hat Jana Marsik bei einem weiteren Film des diesjährigen Filmpreises ihre große Bandbreite beeindruckend unter Beweis gestellt.
BESTE NACHWUCHSDARSTELLERIN
Dotiert mit 10.000 € bekommt Katharina Schüttler für ihre Rolle in dem Film „Es kommt der Tag“ diese Ehrung.

Begründung der Jury:
Katharina Schüttler spielt oft Radikales und immer das Schwierigste: Menschen, die in existenziellen Situationen hin- und hergerissen sind. Es bleibt das Geheimnis ihres Könnens, dass es ihr gelingt, ihre jungen Frauen-Figuren mehrdimensional anzulegen: irgendwie zerbrechlich, weiblich und doch zu Härte aus Lebenserfahrung und Enttäuschung fähig. Auch in Susanne Schneiders Drama „Es kommt der Tag“ brennt Katharina Schüttler vom ersten Auftritt an mit kaltem Feuer. In dem Mutter-Tochter-Duell des Filmes kann es keinen Sieger geben, aber Katharina Schüttler ist uneingeschränkt ihrer großen Gegenspielerin, Iris Berben als Ex-Terroristin, ebenbürtig. Ihr fantastisches Spiel mit psychologischer Tiefenschärfe würdigt die Jury mit dem Bayerischen Filmpreis.
BESTER NACHWUCHSDARSTELLER
Dotiert mit 10.000 € geht an Friedrich Mücke für seine Rolle in dem Film „Friendship“.

Begründung der Jury:
Er spielte am Deutschen Theater Berlin, war bei den Salzburger Festspielen im „Jedermann“ zu sehen. Seit zweieinhalb Jahren ist der Berliner Friedrich Mücke im Ensemble des Münchner Volkstheaters, aber im Kino immer noch ein neues und vor allem junges Gesicht. Im Film von Markus Goller spielt Friedrich Mücke cool und authentisch die Hauptrolle neben einem jungen „Alten Hasen“, Matthias Schweighöfer. Mücke gelingt es in der leichten und doch ernsten Komödie scheinbar mühelos, alle Facetten einer komplexen Figur dem Zuschauer ganz natürlich nahezubringen: DDR-Sozialisation, eine junge Männerfreudschaft ohne Klischees, Verantwortungsgefühl sowie Freiheitsliebe und Abenteuerlust . Dass Friedrich Mücke bei seiner Figur immer – völlig unaufdringlich gespielt – die innere Verletzung einer gestörten Vaterbeziehung durchschimmern lassen kann, ist höchste Schauspielkunst, bei der es richtig Spaß macht zuzuschauen. All das hat den Bayerischen Filmpreis verdient.
NACHWUCHSPREIS
Dotiert mit 10.000 € geht dieser Preis an Benjamin Heisenberg für seinen Film „Der Räuber“.

Begründung der Jury:
Benjamin Heisenbergs Film „Der Räuber“ erzählt authentisch und mit einer ganz besonderen Handschrift die wahre Geschichte eines besessenen Marathonläufers und Bankräubers, der seine Raubzüge in sein tägliches Trainingsprogramm einbaut. Auf unspektakuläre Weise zieht dieser auf tatsächlichen Ereignissen beruhende Film den Zuschauer in seinen Bann und ganz tief in das Geschehen hinein. Benjamin Heisenbergs zweite Regiearbeit portraitiert intensiv und fesselnd seinen Protagonisten als Einzelgänger mit einem anarchistisch geführten Lebensprinzip, und zeigt uns mit einem zurückhaltenden, aber gerade deshalb so eindringlichen Erzählstil die ganze Ausweglosigkeit dieser tragischen Figur.
PREIS FÜR DEN BESTEN FAMILIENFILM
Dotiert mit 10.000 € erhält in diesem Jahr Michael „Bully“ Herbig für „Wickie und die starken Männer“ diesen begehrten Publikumspreis.

Begründung der Jury:
Es war schon immer die besondere Gabe von „Bully“ Herbig, Filme zu machen, die von einer breiten Altersschicht gleichermaßen geschätzt und geliebt werden. Sein neuestes Werk, mit dem er den unvergessenen Comic-Helden Wickie zum Leben erweckt und ihn gemeinsam mit seinen Wikingerfreunden in kühne und atemberaubende Abenteuer schickt, entspricht diesem Genre des Generationen umfassenden Familienfilms in besonders gelungener Weise. In einer traumhaften Kulisse, mit einem tollen Schauspielerensemble und verblüffenden Special Effects schuf Bully Herbig ein hinreißendes Filmwerk und einen ganz großen Kinospaß für Jung und Alt.
BESTE FILMMUSIK
Dotiert mit 10.000 € wird er an Konstantin Wecker für „Lippels Traum“ verliehen.

Begründung der Jury:
Konstantin Wecker ist nicht nur ein bekannter Musiker und Interpret seiner eigenen Werke, sondern seit vielen Jahren auch als Komponist von Filmmusiken gefragt und erfolgreich. Mit Uli Limmers Collina Film war es nach „Herr Bello“ bereits die zweite erfolgreiche Zusammenarbeit. Die Musik zu „Lippels Traum“, einem wahrhaft traumhaften Kinder- und Familienfilm, ist ein besonders gelungenes Beispiel dafür, wie Musik die Wirkung eines Filmwerks begleitet, intensiviert und abrundet. Konstantin Weckers einfühlsame Kompositionen machen „Lippels Traum“ zu einem märchenhaften Genuss für die Sinne und zu einem unvergesslichen Kinoerlebnis.
Der Preis der Verwertungsgesellschaft für Nutzungsrecht an Filmwerken (VGF), dotiert mit 60.000 Euro wird verliehen an DRIFE Deyle & Richter Filmproduktion für den Film „Waffenstillstand“.

Begründung der Jury:
„Waffenstillstand“ ist ein besonderer Film, weil er weit über übliche Betroffenheitsreflexe hinausgeht und den Blick weitet auf die verschiedensten Aspekte des Irak-Krieges, der Kriegsberichterstattung und vor allem: den katastrophalen Alltag und die zivilen Verwundungen, die der Krieg einer Gesellschaft zugefügt hat, auch wenn gerade nicht geschossen wird. So faszinierend nah an der Wirklichkeit, dass man meint, einen Dokumentarfilm zu sehen, steht hinter „Waffenstillstand“ aber eine geniale Komposition: In einem Kleinbus bringt eine zusammengespannte Gruppe Medikamente, Blutkonserven und medizinische Hilfe in die belagerte und völlig abgeschnittene Stadt Falludscha: ein in seinen humanitären Einsätzen zynisch gewordener Arzt, eine naiv-idealistische Krankenschwester, ein eitler Jung-Reporter, der die Chance seines Lebens wittert, und ein abgeklärter, krisengebietserprobter Kameramann. So erlebt man diesen Krieg aus europäischer Sicht mit starken Einblicken in die Situation und Reaktion der irakischen Zivilbevölkerung, die sich deutlich von der offiziellen amerikanischen Lesart unterscheidet. Gedreht in Marokko entstand ein packendes Drama, Politthriller, Roadmovie und psychologisches Kammerspiel in einem.


EHRENPREIS

In Anerkennung seiner herausragenden Leistungen als Kameramann, Regisseur und Produzent für den bayerischen und deutschen Film erhält Joseph Vilsmaier den Ehrenpreis des Bayerischen Ministerpräsidenten.

Begründung der Jury:
Joseph Vilsmaier ist ein bayerischer Vollblutkünstler, der mit „Herbstmilch“ die Herzen der Zuschauer und Kritiker im Sturm erobert hat. Unser aller Bewunderung und Dank gilt ihm für Meisterwerke wie den oscarnominierten Film „Schlafes Bruder“, die märchenhafte Erzählung „Bergkristall“ und die Verfilmung der tragischen Geschichte der „Comedian Harmonists“ – um nur einen kleinen Ausschnitt aus seinem reichen und vielseitigen künstlerischen Schaffen zu nennen, mit dem er Filmgeschichte geschrieben hat. Stets hat er sich engagiert gegen das Vergessen eingesetzt, wie mit dem bewegenden Auschwitz-Drama „Der letzte Zug“ oder dem eindringlichen Antikriegsfilm „Stalingrad“. Mit dem „Brandner Kaspar“ hat er seiner Heimat ein ebenso humor- wie liebevolles Porträt geschenkt. Meisterhaft und weltberühmt sind seine Landschaftsaufnahmen, sein besonderes Gespür für Stimmungen und Bilder, wie auch in seinem jüngsten Werk „Nanga Parbat“.

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