Immer mehr Menschen verlassen herkömmliche Arbeitprozesse und den ‚9to5‘-Job in einem festen Büro. Das Arbeiten ausschließlich auf digitalem Wege hat mittlerweile einen festen Platz in der neuen Arbeitskultur. Diese neue Ortsunabhängigkeit lässt viele über ihren neuen Lebensmittelpunkt nachdenken. Dabei entscheiden sich immer mehr junge Leute, ihre Arbeit vom Ausland aus zu verrichten. Dabei vergessen viele digitale Nomaden sich mit dem geltenden Steuerrechts zu beschäftigen. Doch welche Pflichten sind dabei eigentlich zu erfüllen und welche Steuerstrategien können bei diesem Lebensstil verfolgt werden? Der folgende Artikel beleuchtet dieses Thema näher.
Digitales Nomadentum: Größtmögliche Freiheit und Flexibilität
Digitale Nomaden benötigen oft nicht mehr als eine stabile WLAN-Verbindung und einen Laptop. Häufig sind sie mit einem modernen Online-Business selbstständig. Damit profitieren sie vollumfänglich von den vielen Vorteilen der Digitalisierung.
Viele teilen ihre Arbeitszeiten flexibel ein und manche reisen sogar dabei frei von Ort zu Ort. Weltweit finden sich so mittlerweile zahlreiche Hotspots, an denen eine Vielzahl von digitalen Nomaden zu finden ist. Die Einkünfte erzielen sie in vielen Fällen durch elektronische Dienstleistungen oder digitale Produktangebote. Diese Tätigkeiten lassen sich sehr gut skalieren, sodass die Unternehmen immer weiter wachsen. Die Einnahmen steigen kontinuierlich.
Digitale Nomaden und Steuerrecht
Geht es dann jedoch um steuerrechtliche Themen, wie zum Beispiel, welche Steuerpflicht eigentlich bei der Arbeit im Ausland besteht, sind digitale Nomaden oft überfordert. In diesem Zusammenhang herrschen zahlreiche Unklarheiten. Es gilt demnach, sich umfassend über die eigenen Rechte und Pflichten im Hinblick auf die Steuerangelegenheiten zu informieren. Da wir keine Steuerprofi’s in der Redaktion haben, holten wir uns Unterstützung von der Münchner Steuerberatung Guhr.
Die Bedeutung des Doppelbesteuerungsabkommen
Das DBA, das Doppelbesteuerungsabkommen, ermöglicht es Staaten, eine Vereinbarung darüber zu treffen, welchem Staat das Recht zur Besteuerung zukommt. Konkret geht damit einher, dass im Voraus bestimmt wird, welche Steuerregeln für Unternehmen gelten, die international tätig sind. Dies betrifft auch die digitalen Nomaden. Sie beziehen schließlich in vielen Fällen Einkünfte aus einem weltweiten Gewerbebetrieb, Kapitalvermögen, selbständiger Arbeit oder Vermietungen. Ihre Tätigkeit führen sie also international aus.
Wie sich die genauen Regeln der Besteuerung verhalten, ist davon abhängig, welches Doppelbesteuerungsabkommen in dem jeweiligen Land gilt. In den meisten Fällen einigen sich die Staaten auf drei grundlegende Prinzipien für die Besteuerung:
Das Wohnsitzlandprinzip
Nach dem Wohnsitzlandprinzip fällt die Steuerpflicht in dem Land an, in dem der gewöhnliche Aufenthalt beziehungsweise der feste Wohnsitz liegt.
Das Quellenlandprinzip
Das Quellenlandprinzip sieht vor, dass die Steuern von den Steuerpflichtigen dort erbracht werden müssen, wo das Einkommen auch verdient wird. Dieses Vorgehen wird auch als Territorialprinzip bezeichnet.
Das Welteinkommenprinzip
Wird ein weltweites Einkommen versteuert, gilt das Welteinkommensprinzip. Dies wäre beispielsweise der Fall, wenn eine Person bei einer deutschen Firma angestellt ist, jedoch eine gewisse Zeit im Jahr ihre Arbeit aus dem Ausland erbringt.
Entfällt die Steuerpflicht für digitale Nomaden in Deutschland?
Liegt der Wohnsitz oder der gewöhnliche Aufenthalt von digitalen Nomaden im Ausland, besteht für sie keine grundsätzliche Steuerpflicht in Deutschland. Dafür muss allerdings die Voraussetzung erfüllt werden, dass sie in Deutschland auch keine Einnahmen erzielen.
Solche Einnahmen ergeben sich jedoch nicht nur, wenn mit deutschen Kunden zusammengearbeitet wird, sondern auch, wenn generell Umsätze in Deutschland erwirtschaftet werden. Es reicht demnach nicht aus, dass das eigene Unternehmen lediglich ins Ausland verlagert wird. Wichtig ist, dass keinerlei gewerblicher Bezug zu Deutschland besteht – nur dann entgehen digitale Nomaden der Besteuerung ihrer Gewinne und ebenso der deutschen Umsatzsteuer.
Aufenthalt und Wohnsitz: Was besagt die 183-Tage-Regel?
Ob eine Steuerpflicht in Deutschland besteht, hängt nicht nur davon ab, wo der formell gemeldete Wohnsitz liegt. Auch der gewöhnliche Aufenthalt spielt neben dem steuerlichen Wohnsitz eine Rolle. Wo der gewöhnliche Aufenthalt liegt, entscheidet die Dauer des Aufenthaltes im Ausland oder im Inland.
Personen, die mehr als sechs Monate – genauer gesagt 183 Tage im Jahr – in Deutschland leben, haben nach der Auffassung des Gesetzes hier auch ihren Lebensmittelpunkt. Der gewöhnliche Aufenthalt liegt also in der Bundesrepublik. Es ist dann unerheblich, ob die restliche Zeit des Jahres in einem anderen Land gelebt wird.
Der prominenteste Fall war sicherlich der von Familie Boris Becker. In München Bogenhausen lebten sie zuerst in einem Haus, später hatte Boria Becker wohl eine Dachgeschosswohnung. Becker hatte seinen Hauptsitz in Monte Carlo und gab für die Veranlagungszeiträume von 1991 bis 1993 keine Einkommensteuererklärungen ab und versuchte, keine Steuern in Deutschland zu zahlen. Dies führte zu einer Untersuchung durch die deutsche Finanzverwaltung, die Beweise für Beckers häufige Aufenthalte in Deutschland sammelte und schließlich zu einer Anklage wegen Steuerhinterziehung führte.
Bei diesem Thema ist deshalb Vorsicht geboten. Unter Umständen ist es auch möglich, dass eine Steuerpflicht in Deutschland besteht, wenn die Grenze von 183 Tagen nicht überschritten wird. Berücksichtigt werden bei der Frage nach dem Lebensmittelpunkt nämlich ebenfalls soziale Faktoren. Besteht beispielsweise ein gültiger Mietvertrag in Deutschland, lässt sich bereits damit rechtfertigen, dass der gewöhnliche Aufenthalt in der Bundesrepublik liegt. Das Gleiche gilt, wenn die eigene Wohnung untervermietet wird.
Es kann allerdings auch passieren, dass eine Steuerpflicht in einem anderen Staat entsteht, wenn sich eine Person in diesem längere Zeit aufhält. Die Steuerpflicht in Deutschland wird dadurch nicht verändert. Hier greift dann das Doppelbesteuerungsabkommen, damit keine doppelte Steuerlast entsteht.
Sind digitale Nomaden im Ausland umsatzsteuerpflichtig?
Generell wird die Umsatzsteuer an dem Ort fällig, an dem der jeweilige Umsatz auch generiert wird. Sollte der Sitz des Unternehmens in Deutschland liegen oder werden die Leistungen für Kunden erbracht, die sich in Deutschland befinden, besteht also die Pflicht zur Umsatzsteuer-Zahlung in Deutschland. Anders sieht dies aus, wenn die Kunden im Ausland sitzen oder die Leistungen im Ausland erbracht werden. Zu berücksichtigen sind dann die geltenden Steuersätze vor Ort.
Entscheidend ist für die Berechnung der Umsatzsteuer demnach nur, an welchem Ort der Umsatz ausgeführt wurde. An diesem herrscht auch die Umsatzsteuerpflicht. Also ist es unerheblich, ob eine Betriebsstätte oder ein fester Wohnsitz in Deutschland vorhanden ist, eine deutsche Staatsangehörigkeit vorliegt, die Zahlung in Deutschland empfangen oder die Rechnung in Deutschland ausgestellt wird. In der Regel wird der Umsatz an dem Ort generiert, an dem sich der Sitz des Kunden befindet.
Diese Strafen drohen bei Verstößen gegen das Steuerrecht
Leider informieren sich viele digitale Nomaden nicht rechtzeitig über das Steuerrecht und über die Verpflichtungen, die mit diesem für sie einhergehen. So passiert es immer wieder, dass digitale Nomaden mit hohen Steuernachzahlungen, Sanktionen oder Vorwürfen durch das Finanzamt in Deutschland konfrontiert werden.
Steuerhinterziehung stellt eine Straftat dar, die weitreichende Konsequenzen nach sich ziehen kann. Zudem kann das Image eines Unternehmens unter dem Tatvorwurf stark leiden. Falls die Voraussetzungen für eine Steuerhinterziehung tatsächlich erfüllt werden, drohen hohe Geld- und empfindliche Freiheitsstrafen. Zudem ist es bereits strafbar, zu versuchen, Steuern zu hinterziehen.
Entscheidend ist dabei unter anderem, ob unvollständige oder unrichtige Angaben gegenüber den Behörden getätigt, ob keine Steuerzeichen trotz Verpflichtung genutzt oder ob keine Information über steuerlich erhebliche Tatsachen an die Finanzbehörden übermittelt wurde. Allerdings kann der Vorwurf der Steuerhinterziehung nur aufrechterhalten werden, wenn mit den Handlungen ein nicht gerechtfertigter Steuervorteil oder eine Steuerverkürzung entstanden ist.
Unabhängig von den strafrechtlichen Konsequenzen muss auch mit einer Steuernachzahlung gerechnet werden, falls in Deutschland eine Steuerpflicht bestanden hat. Fällig wird eine Nachzahlung beispielsweise, wenn die Steuererklärung verspätet oder überhaupt nicht abgegeben wurde. Der dann fällige Verspätungszuschlag umfasst 0,15 Prozent Zinsen monatlich, die auf die geschuldeten Steuern anfallen.
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