Weihnachtsfeiern, Adventskonzerte und andere X-Mas-Events halten die VIPs derzeit auf Trab. Ein spannendes und willkommenes Kontrastprogramm dazu gab‘s am Dienstag in der „Astor Filmounge“ im Münchner „Arri Kino“. Dort hatte der neue Sender „Crime + Investigation“ (erster und einziger „True-Crime Sender“ im deutschsprachigen Raum) zum Screening seiner ersten Eigenproduktion „The Invisible Line – Die Geschichte der Welle“ geladen. Die brandneue TV-Doku beleuchtet die wahre Geschichte und die Hintergründe des „The Third Wave“-Sozialexperiments von 1967. Ein Experiment, das heute so gut wie jeder kennt, denn es bot den Stoff für Morton Rhues weltberühmten Roman „Die Welle“, der bis heute Pflichtlektüre an Schulen auf der ganzen Welt ist.
Ausgangspunkt von „The Third Wave“ war die Frage eines Schülers einer Geschichtsklasse, warum die Deutschen sich nicht gegen das Hitler-Regime gewehrt und den Holocaust verhindert hätten. Im Mittelpunkt steht der Initiator des schnell total außer Kontrolle geratenen Experiments, der frühere Lehrer Ron Jones, und eine Reihe seiner ehemaligen Schüler. Jones wollte diesen eine Lektion erteilen und demonstrieren, wie schnell totalitäres Gedankengut und Faschismus in einer Gesellschaft Fuß fassen können. Der Versuch entwickelte schnell ein Eigenleben, das Jones nicht mehr kontrollieren konnte. Alles begann damit, dass er den Schülern strenge Verhaltensregeln auferlegte…
Er hätte dieses Experiment niemals durchführen dürfen und hätte seine Klasse in unglaubliche Gefahr gebracht, sagt Ron Jones in der Doku. Er überschritt die unsichtbare Linie und genoss seine Macht: „Genau wie Stalin, Hitler oder Trump heute.“
Brandaktuelles Thema
Ein brandaktuelles Thema also, das auch zahlreiche prominente Gäste interessierte. Beim Screening waren neben den Machern und Gastgebern Emanuel Rotstein, dem Regisseur, Autor und Produzenten der Doku, und Kathrin Palesch, der Geschäftsführerin von A+E Networks Germany, auch zahlreiche Prominente vertreten. Alle kamen mit „Der Welle“ schon in Berührung. Zum Beispiel Regisseur und Drehbuchautor Dennis Gansel, der sich bereits mehrfach im fiktionalen Bereich dieses spannenden Themas annahm (u.a. im Jahr 2008 mit dem Film „Die Welle“ und gerade erst mit der Netflix-Serie „Wir sind die Welle“).
Mark Hancock, der als Schüler 1967 das „The Third Wave“-Experiment des Lehrers Ron Jones selbst miterlebte und in der Dokumentation zu Wort kommt, ebenso wie die ehemalige Ron Jones-Schülerin Debbie Berry, die ebenfalls aus den USA anreiste. Sowie die Schauspielerin Jennifer Ulrich („Die Welle“), die 2008 in dem Film die Schülerin Karo spielte. Unter den Zuschauern waren die Schauspielerinnen Lena Meckel und Sarah Thonig, Produzent Christian Becker (Rat Pack Film; produzierte den Spielfilm „Die Welle“), Schauspielerin Darya Gritsyuk mit ihrem Partner, dem Schauspieler Philip Birnstiel.
„Wenn wir uns den Anschlag von Halle ansehen, müssen wir leider feststellen, dass das Thema nichts an Aktualität verloren hat“, so Emanuel Rotstein (gleichzeitig ist er als Programmchef für die inhaltliche Ausrichtung von Crime + Investigation und dem Schwestersender „History“ verantwortlich). „Halle zeigt, wie weit die Täter für ihr krudes und menschenverachtendes Weltbild bereit sind zu gehen. Der Faschismus ist heute als globales Phänomen zu verstehen.
Warum suchen Menschen nach Halt in totalitären Strukturen?
Genau hier greift unsere Doku an und führt auf, warum und vor allem wie schnell sich Menschen manipulieren lassen. Ron Jones‘ Experiment hält uns den Spiegel vor und zeigt, wie leicht wir alle verführbar sind.“
Gedreht wurde an Originalschauplätzen wie der ehemaligen Cubberley High School in Palo Alto sowie in San Francisco, Los Angeles und New York. Auch mit Mark Hancock, der das Experiment damals als Schüler selbst miterlebte: „Ron Jones hat uns die Informationsfreiheit genommen, unsere Versammlungsfreiheit, unsere Freiheit, anderer Meinung zu sein. Er hat uns all unsere Freiheiten genommen“, sagte er.
Debbie Berry, ebenfalls eine der Teilnehmerinnen des Experiments damals, erinnerte sich: „Ich selbst fühlte mich niemals in Gefahr. Ich liebte das, was Ron Jones tat, denn er hatte innovative Lehrmethoden. Aber jeder von uns Schülern hat damals andere Erfahrungen gemacht und es anders erlebt. Das Experiment beweist auf jeden Fall, wie schnell so etwas passieren kann und wie leicht Menschen zu manipulieren sind und in die falsche Richtung geführt werden können.“ Sie lebt in Los Angeles: „Ich hatte jahrzehntelang keinen Kontakt zu meinen ehemaligen Klassenkameraden. Zum 50-jährigen Klassentreffen sah meine Schwester einen Flyer und ich sagte zu ihr: „Da gehe ich hin“. Und ich lernte Mark kennen und sagte zu ihm, dass ich gerne über „Die Welle“ sprechen möchte.“
Weltpremiere am 19.12. 2019 auf Crime + Investigation
Gezeigt wird der neue 45-minütige Dokumentarfilm am 19. Dezember 2019 um 20.45 Uhr auf „Crime + Investigation“. Schon wenige Tage vor der großen TV-Weltpremiere konnten die Gäste an diesem Abend in die Welt der Welle eintauchen. Im Anschluss an das Screening gab es eine Gesprächsrunde mit den Gastgebern und Protagonisten.
„Das Thema ist immer noch hochaktuell, gerade in Zeiten, in denen ein Rechtsruck durch unser Land geht“, so Jennifer Ulrich. „Ich spiele in den Film von 2008 die Rolle des Widerstands. Und jeder würde es sich wohl wünschen, in einer solchen Situation in die Rolle des Widerstands zu schlüpfen. Aber ich kann nicht wirklich sagen, ob man wenn in diese Situation kommt, sich nicht doch verführen ließe.“
„Ich bin sehr beeindruckt von dieser Doku“, lobte Dennis Gansel. „Ich hatte damals für unseren Film Ron Jones auch persönlich getroffen. Wir hatten damals die Rechte für den deutschen Film bekommen. Es war spannend, nun das Original zu sehen.“
„Die Doku spricht ein gesellschaftlich wichtiges Thema an“, so Gastgeberin Kathrin Palesch, die Geschäftsführerin von A+E Networks Germany. „Es ist hochaktuell, daher kommt unsere Produktion zum richtigen Zeitpunkt.“
Die Doku ist die erste Eigenproduktion des neuen True-Crime Senders „Crime + Investigation“.
Text: Andrea Vodermayr