13 Jahre hat der Allgäuer Joachim Baldauf in München gelebt. Heute ist er in Berlin zuhause, doch durch seine Foto-Jobs jettet er durch die ganze Welt. ‚Mein Bild von München hat nichts mit der Realität da draußen zu tun. Wenn viele München hören, verbinden sie die Stadt mit Lederhose, Oktoberfest und Schickimicki. Ich zeige ein anderes Bild, ein reales München mit Menschen, die hier wohnen.‘ 14 Tage lang ist seine kleine und feine Fotoserie NX SCENE MÜNCHEN zu sehen. Ein Novum: Er hat nicht durch eine klassische Kamera-Linse, sondern durch das digitale Display der Samsung NX1 geschaut. Seine Meinung über die Systemkamera? Wir haben ihn bei den Ausstellungsvorbereitungen in der Galerie Hegemann getroffen.
Was sagt man da draußen über München?
Joachim Baldauf: ‚Die Liste ist lang: oberflächlich, sehr verschlossen, erzkatholisch, alle mit viel Geld. Viele haben ein Bild von der Stadt und ihren Bewohnern, welches mit der Realität überhaupt nicht übereinstimmt.‘
Du hast 17 Münchner für NX SCENE MÜNCHEN fotografiert, welche alle etwas Spezielles von München verkörpern – wie hast Du diese gefunden?
Joachim Baldauf: ‚Ich hatte natürlich ein Team, welches mir geholfen hat. Auch mein Bruder, welcher in München lebt, hat mich unterstützt. Aber ich kannte auch noch einige von früher. Zum Beispiel Filmemacherin Marie Höflich. Ich habe sie zusammen mit ihrer Tochter fotografiert, welche ihr nicht nur sehr ähnlich sieht. Ich habe sie in der Olympiastadt fotografiert. Im Hintergrund sieht man die immer noch sehr modern wirkende Architektur der Trabantenstadt. Für mich ist München die modernste Stadt Europas und keine alte Stadt, wie viele glauben.‘
Man findet auf Deinen Bildern keine typischen München-Promis – Absicht oder Zufall?
Joachim Baldauf: ‚Absicht! Ich sage das jetzt ganz offen, aber Prominente reden Dir in die Bilder rein oder es passt irgendetwas anderes nicht und dann musst Du als Fotograf Kompromisse machen. NX SCENE MÜNCHEN sind Momentaufnahmen, welche durch ihre Authentizität und den München-Geschichten hinter den Gesichtern leben. Ich habe zum Beispiel einen Schüler in einem FC Bayern-Trikot aus dem Jahre 1969 fotografiert. Dazu trägt er eine aus München handgestrickte Mütze. Cooler laufen die Teenager in N.Y. oder Barcelona auch nicht rum.‘
Woher kommt der Titel ‚NX SCENE MÜNCHEN‘?
Joachim Baldauf: ‚Die Kamera, welche ich benutzt habe, ist die Systemkamera Samsung NX1. Ich weiß, ‚alte‘ Foto-Hasen hören dies jetzt nicht gerne, aber die Kamera macht tolle Bilder und bietet dazu ein fantastisches Preis/Leistungs-Verhältnis, denn sie kostet um die 1.600 € und damit ein Bruchteil von Profikameras. Als Fotograf habe ich natürlich ein ganzes Arsenal an Kamera’s, aber an einem Projekt arbeite ich immer mit ein und derselben Kamera. Das Novum bei der Samsung NX1: Ich habe durch das digitale Display wie eine Art Echtzeitfilm einen anderen Blick gehabt. Deshalb der Name THE NX SCENE MÜNCHEN. Das Ergebnis kann man sich bis 4. April 2014 in der Hegemann-Ausstellung anschauen und auch kaufen kann.‘
Gab es jemanden, welchen Du unbedingt für die Ausstellung fotografieren wolltest, aber nicht bekommen hast?
Joachim Baldauf: ‚Ja, Model und Münchner Kindl Julia Stegner. Sie wurde nämlich auf dem Münchner Oktoberfest von Louisa von Minckwitz, der Agenturchefin von Louisa Models entdeckt. 2014 hat sie den australischen Fotografen Benny Horne geheiratet und heute lebt sie in New York. Zeitlich hat es leider nicht gepasst, denn die Aufnahmen waren für Februar/März 2015 anberaumt. Allerdings wollte ich zeigen, dass München modisch ist und nicht angestaubt, wie viele meinen.‘
Ein Model ist unter Deinen München-Protagonisten dann doch dabei – wie hast Du hier die Auswahl vorgenommen?
Joachim Baldauf: ‚Ich habe nach einem echten waschechten Münchner Kindl gesucht, welche sich ihre Brötchen on der Modewelt verdient. Bei Kanani Abdillahi kommt ihre Hautfarbe dazu. Als dunkelhäutige Schönheit zeigt man die Weltoffenheit und das Multikulti in München. Die Stadt hat sich in den letzten Jahren enorm gewandelt und ist alles andere als angestaubt. Ich habe sie in einem Oberteil von Alexander McQueen fotografiert, welches an eine Trachtenbluse angelehnt ist. Jetzt liegt es im Auge des Betrachters, was man aus den Bildern liest.‘
Gibt es ein Lieblingsbild bzw. Motiv von Dir?
Joachim Baldauf: ‚Nein, alle 18 sind einzigartig und zeigen München von einer anderen Seite. Während der Ausstellung gibt es allerdings einen ‚Making of‘-Film, welchen sich jeder anschauen sollte. Bei der Motivsuche haben wir einiges mehr ausprobiert. Dies kann man hier sehen. Nach der Ausstellung findet man diesem Film auf meinem Blog.‘
Wie lernt man München am besten kennen – verräst Du uns Deine HotSpots?
Joachim Baldauf: ‚München ist durch seine Größe sehr kompakt und deshalb sollte man sich treiben lassen, um die spannenden Dinge Münchens zu erleben.‘