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Happy Birthday Lothar Schirmer: Grandseigneur der Buchbranche wird 70

Autoren waren für ihn wie Künstler und Künstler wurden zu seinen Autoren. 25 Jahre lang residierte Lothar Schirmer mit Verlagspartner Erik Mosel in Schwabing, bevor sie wunderbare Verlagsräume an der Isar mit Blick zum Friedensengel fanden. An seine erste Begegnung mit Star-Fotograf Helmut Netwon 1977 kann er sich genau so gut erinnern wie an die erste Verlags-Publikation über München. Ein Gespräch über Kunstbücher, München, seine Internet-Ambivalenz und die neue Ausstellung ‚Lob des Papiers‘ (ab 4.2. im Schirmer/Mosel Showroom im Hofgarten), welche sich Lothar Schirmer zum Geburtstag selbst geschenkt hat!

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Lothar Schirmer schenkt sich eine eigene Ausstellung zum 70.ten! Christiane Wolff traf ihn zum Interview.

Als sie 1972 nach München gezogen sind – wie haben Sie München erlebt, was hat man über die Stadt erzählt?

Lothar Schirmer: ‚München war damals die heimliche Hauptstadt und die Münchner haben das auch weidlich ausgelebt – von Vera Brühne bis Beckenbauer und natürlich auch Franz Josef Strauß. Ich kam ja aus Norddeutschland und ich war der Meinung, dass man im Norden die Bayern unterschätzt. Da war immer so ein bisschen Spott dabei. Es war eines jeden Professors Traum, sich in München zur Ruhe zu setzen, so wie sie jetzt alle nach Berlin gehen, weil hier alles so teuer geworden ist. Das war damals ja die Zeit des Eisernen Vorhangs und des geteilten Berlins und da war München der sonnige Südstaat mit Booten, Bergen und Seen! Ich war landschaftlich unvorbereitet und habe mich hier von Anfang an wohlgefühlt!‘

Seit Verlagsgründung 1974 bis heute haben sie 1.500 Kunst- und Photographie-Titel verlegt – welche davon sind Ihre persönlichen Favoriten?

Lothar Schirmer: ‚Bei der Kunst hatte ich zwei Favoriten: Joseph Beuys und Cy Twombly, die kannte ich damals schon zehn Jahre. Ich hatte sie in Rom und Düsseldorf besucht und dann auch verlegerisch betreut. Ich habe erst deren Kunst gekauft und dann bin ich auch ihr Verleger geworden. Es gibt heute insgesamt 18 lieferbare Beuys-Bücher und noch mehr von Twombly – ein Teil davon ist natürlich schon vergriffen. Neben der Fotografie, die der populärere Teil des Verlagsprogramms ist, sind diese beiden und auch Anselm Kiefer sowie Bernd und Hilla Becher meine Lieblinge.‘

Über die 1977 erschienene Monographie über den Hofphotographen von König Ludwig II. Joseph Albert schreibt Ihr Verlag ‚ein Bavaricum besonderer Güte‘ – können Sie das näher erklären?

Lothar Schirmer: ‚Joseph Albert war der Hofphotograph von Ludwig II und ein sehr fortschrittlicher Mann, wenn es darum ging, seine Leidenschaften zu leben: Architektur, Theater, Musik, gesellschaftliche Dinge. Ein Berliner Kunsthistoriker hat das Leben von Joseph Albert, soweit das erforschbar war, in einem wissenschaftlichen und gut lesbaren Buch zusammengetragen. Die Bilder waren alle verschwunden – erst mit dem Erscheinen des Buches tauchte das Werk aus den Sammlungen wieder auf.‘

Sie haben insgesamt 17 Titel mit und von Helmut Newton. Wie hat er sie damals 1978 kontaktiert, es gab ja noch kein Email & Co.?

Lothar Schirmer: ‚Er war ein Berliner auf Weltflucht. Er hatte in seiner Jugend in Berlin Heinrich Zille kennengelernt, der ja auch erotische Bilder für das Volk gemacht hat – quasi ein Helmut Newton des proletarischen Milieus . Und wir haben ein Buch über Zille gemacht. Eines Tages kam sein Agent vorbei und wollte das neue Helmut Newton-Buch mit uns machen. Der Agent, Xavier Moreau, kam auf die Messe mit Krokodilleder-Mokassins, Kaschmir-Mantel und da sagte meine Assistentin: ‚Das ist Hollywood‘. Er sah aus wie ein Ganove aus einem James Bond-Film. Erik Mosel und ich haben uns dann angeguckt und sagten uns, Newton sei die unterste Niveaugrenze, die wir machen wollten. Aber machen sollten! Und dann kam er noch mit einem zweiten Vorschlag und zwar einen unverkäuflichen Künstler auch unter Vertrag zu nehmen – damit wir den Newton bekommen. Das war unmoralisch und wir haben das aus einem Munde abgelehnt. Er ist dann freundlich gegangen und hat uns auf der Treppe noch zugerufen: ‚You lost a fortune!‘ und ich habe zurückgerufen: ‚You will come back!‘. Und am nächsten Tag war er wieder da. Ich habe mich dann persönlich um ihn gekümmert und er war dann auch öfter in München.‘

Wie steht man als Verleger der ‚alten‘ Garde zu Internet & Co? Schreiben Sie Briefe mit PC?

Lothar Schirmer: ‚Natürlich schreibe ich Briefe! Ich selbst habe keinen Computer. Ich habe zwar ein ipad und ein iphone, aber ich bin Papierfetischist. Ich schreibe natürlich auch Emails! Die Fotos, die heute ja als Dateien kommen, lasse ich mir alle ausdrucken. Aber klar sind wir auch auf ebooks programmiert – die Herstellung ist voll elektronisch. Ich selber bin von der elektronischen Buchform nicht so angetan, obwohl es natürlich auch Vorteile hat. Man kann nachts lesen ohne jemanden zu stören und im Urlaub sich in den nächtlichen Garten im Süden setzen! Ich bin da auch nicht technikfeindlich – wenn es das Leben erleichtert, umso besser. Aber es raschelt nicht, es riecht nicht – es ist eine ‚kondomisierte‘ Form des Buchs! Ich sage immer: So lange man aufs Klo geht und noch Toilettenpapier benutzt, sehe ich für das Papier kein Sterben (lacht). Und Bargeld ist ja auch immer noch was Schönes! Und bei Charlie Hebdo war das Zeichen ja der erhobene Stift – und nicht das Laptop!‘

25 Jahre waren sie mit Ihrem Verlag in Schwabing – gibt es Lieblingsplätze, welche sie vermissen, den Lieblings-Italiener, wo sie heute noch Essen gehen?

Lothar Schirmer: ‚Wir haben immer im ‚Adria‘ mittags gesessen und die Leopoldstraße war damals sehr schön. Die Hohenzollernstraße mit ihren Geschäften finde ich auch sehr reizvoll. Aber ich habe keine Sehnsucht. Hier hat man einen sehr schönen Blick auf die Isar und die gegenüberliegende Seite und abends, wenn die Sonne untergeht, steigt der Schatten der Widenmayerstrasse auf der anderen Seite nach oben und dann hat man das Gefühl, München leuchtet. Und dazu der Friedensengel – das ist sehr schön!‘

Was fehlt München?

Lothar Schirmer: ‚Seitdem der Eiserne Vorhang gefallen ist, fehlt mir im Mischungsverhältnis ein wenig an kosmopolitischen Elementen: Die schrägen Vögel und die Menschen, die seltsame Produkte verkaufen wie orientalische Stoffe und chinesische Gewänder. Es fehlen verrückte Mode und verrückte Schneider und das Publikum dazu – die sind alle nach Berlin gegangen.‘

2012 wurden sie vom Magazin Buchmarkt zum ‚Verleger des Jahres‘ gewählt – Sind Auszeichnungen für Sie wichtig?

Lothar Schirmer: ‚Das war viel zu spät! (lacht) Aber wenn es solche Auszeichnungen gibt, sollte man sie auch bekommen. Ist auf jeden Fall viel besser, als wenn sie die Konkurrenz bekommt. (lacht). Man sollte sie aber auch nicht überschätzen. Als ‚Verleger des Jahres‘ hätte ich mich auch schon früher als kompetent genug betrachtet – aber gut, es hat dann halt etwas länger gebraucht. Es ist schön, dass es passiert ist!‘

1998 eröffnete Ihr Verlag in den Hofgartenarkaden der Münchner Residenz die Verlagsgalerie Schirmer/Mosel Showroom, in der regelmäßig Ausstellungen mit Werken der Autoren des Verlags und andere Veranstaltungen stattfinden. Auf welche Künstler dürfen wir uns 2015 freuen?

Lothar Schirmer: ‚Es kommt eine Ausstellung mit Fotografien von Cy Twombly, Zeichnungen von Martin Assig und noch eine Fotoausstellung mit Waldbildern von Simone Nieweg, einer Becher-Schülern. Und dann sehen wir weiter.‘

Mit dem Verlegen kam auch das Kunst sammeln und sie haben Münchner Sammlungen durch Schenkungen bereichert – wie würde eine Ausstellung heißen, welche alle ihre Sammler-Kunstwerke zeigen würde?

Lothar Schirmer: ‚Das Kunstsammeln kam schon vorher. Die Sammlung war die empirische Grundlage für die Fachkenntnis und auch Übung für den psychologischen Umgang mit den Autoren. Ein Autor war für mich wie ein Künstler und meine Künstler wurden meine Autoren. Jetzt mache ich ja erst einmal eine kleine Ausstellung zu meinem Geburtstag, die heißt ‚Lob des Papiers'(Schirmer/Mosel Showroom im Hofgarten, Galeriestraße, ab 4.2.2015). Wenn man das Wesentliche nimmt, ist es ein gewisser Papierfetischismus, der sowohl die Sammlung als auch die verlegerische Tätigkeit charakterisiert. Und wenn ich meine ganze Sammlung ausstellen würde, wäre das schon etwas schwieriger. Unterschiedliche Formate, unterschiedliche Materialien, Gemälde, Skulpturen. Meine Beuys-Werke habe ich ja schon ans Museum gegeben.‘

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