Starnberg, Sonntag, 17. Juni ab 9 Uhr 30: Am Vornweg rollt der Prinzregent. Frisch, zum Verwechseln ähnlich, als wenn die letzten 100 Jahre spurlos an ihm vorüber gegangen wären. Seine festlich geschmückte Kutsche wird von einem Oldtimercorso begleitet; die Szenerie mit historischen Volksliedern gerahmt, wiedergegeben von der in Tracht gewandeten Stadtkapelle. Dahinter schlängelt ein Festzug durch die Straßen, der die Geschichte des ehemaligen Fischerdorfes aufleben lässt. Hier spazieren die ersten Kindergartenkinder der Stadt, gemeinsam mit den Vorschulkindern von heute, dort dokumentieren städtebauliche Modelle die Historie der bedeutendsten Anlagen. ‚Der Jubiläums-Korso ist so konzipiert, dass sich die Besucher in die einzelnen Epochen wirklich hineinversetzen können und so hautnah in die Geschichte der Stadt eintauchen‘, erläutert Kulturamtschefin Annette Kienzle, die das außergewöhnliche Programm für Sonntag, den 17. Juni koordiniert hat.
Das Erleben der Stadt-Chronik und des mondänen Starnberger Sees, der damals noch schlicht Würmsee hieß, steht bei allen Veranstaltungen zum 100-jährigen Stadterhebungsjubiläum im Mittelpunkt. Hochwertige Filme, Fotos und Vorführungen dokumentieren das Leben der Starnberger vor 100 Jahren und heute, während Liederabende und Konzertereignisse für musikalische Untermalungen sorgen.
Der Hochadel, darunter Märchenkönig Ludwig II. und seine Großcousine Kaiserin Elisabeth von Österreich (‚Sisi‘), residierten einst in herrschaftlichen Villen und Schlössern, die noch heute am Ufer des Starnberger Sees thronen. Zum 175. Geburtstag von Kaiserin ‚Sissi‘ gibt es eine majestätische Sommernacts-Party auf der MS-Starnberg. Es dauert inzwischen kaum mehr länger als eine Stunde – dann sitzen Reifrock und Perücke, das Make-up passt tadellos und Doris Trummer glänzt als Sisi. Am 30. Juni lädt sie zur Audienz auf der MS-Starnberg. Die Sommernacht mit Sisi-Double auf dem Luxus-Katamaran ist einer der Höhepunkte, mit denen das Starnberger Fünf-Seen-Land den 175. Geburtstag der österreichischen Monarchin feiert. Seit 1. Mai 2012 können Besucher bereits in einer Sonderausstellung des Kaiserin Elisabeth Museums den Spuren der schillernden Regentin folgen, die am Starnberger See Kindheit und Jugend verbrachte.
‚Sie war stark, freiheitsliebend und in vielem ihrer Zeit voraus‘, sagt Doris Trummer, die sich intensiv mit Sisi auseinandergesetzt hat – und sie nur spielt, weil sie ihr auch sympathisch ist. Wenn die Laien-Darstellerin in die Rolle der Kaiserin schlüpft, das herrschaftliche Gewand anlegt, das ihre Freundin genäht hat und die Perücke überstreift, die sie selbst nach historischen Vorbildern anfertigte, dann erwacht eine faszinierende Persönlichkeit jenseits von Kitsch und Klischee zum Leben. Mit tiefgründigen Gedichten und faszinierenden Monologen lässt Doris Trummer die unnahbare Schöne greifbar werden. Wer mag, schlendert mit einem Glas Sekt über Deck und prostet der Monarchin zwischendurch dezent zu, während Historikerin Andrea Hähnle gern Fachfragen in lockerer Atmosphäre beantwortet und das Pöckinger Saitenspiel den Abend musikalisch untermalt. Glanzpunkt ist das exquisite Drei-Gang-Menü, zu dem es Sonnenuntergang und Sternenhimmel gratis dazu gibt. Der majestätische Abend kostet 55 Euro pro Person.
Bislang unbekannte Seiten der Kaiserin beleuchtet auch die Sonderausstellung „Unbeschwerte Kindheit und starke Familienbande“, mit der das Kaiserin Elisabeth Museum im historischen Bahnhof Possenhofen den Geburtstag feiert. In den prachtvollen Räumen tritt man einer ungezähmten Frau gegenüber, die weit mehr Facetten hatte als ihr berühmtes Kino-Abbild. Die Dauerausstellung überrascht unter anderem mit fesselnden Leihgaben, die neue Details aus dem Leben der rätselhaften Regentin offenbaren. Der Eintritt kostet vier Euro, das Museum hat von 1. Mai bis 14. Oktober freitags, samstags und sonntags von 12 bis 18 Uhr geöffnet.
Wer den Spuren der Monarchin weiter folgen möchte, kann am Kaiserin Elisabeth Museum zum royalen Spaziergang mit Aus- und Einblicken starten. Auf der Sisi-Tour steuern Besucher alle Lieblingsorte der schönen Herrscherin an – von ihrem Familiensitz Schloss Possenhofen, wo sie ihre Kinder- und Jugendzeit verbrachte, bis zum Hotel Kaiserin Elisabeth, wo Sisi 24 Jahre lang zur Sommerfrische weilte. Heimliche Höhepunkte ihrer Aufenthalte waren übrigens die Treffen mit ihrem Großcousin und Seelenverwandten, dem Märchenkönig Ludwig II., auf der romantischen Roseninsel inmitten des Starnberger Sees.
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Am 21. Juli stechen alte Yachten in See, um sich mit neuen Modellen zu messen, während die Jugend ihr gestalterisches und seemännisches Können beim Papierbootrennen unter Beweis stellt. Unter Wittelsbacher Schirmherrschaft findet am 22. Juli außerdem das traditionelle Fischerstechen der Berufsfischer statt, die seit Anfang des 20. Jahrhunderts alle fünf Jahre gegeneinander antreten und dabei Gleichgewicht, Geschicklichkeit und Kreativität beweisen. Weit trockener geht es auf der Seebühne zu, die von 20. bis 29. Juli erstmals zu prominenten Klangerlebnissen vor spektakulärer Naturkulisse lädt.
Mit direktem Blick auf Starnberger See und Alpenkette geben sich Haindling, Willy Astor oder Quadro Nuevo die Ehre, verzaubern die Orffsche Carmina Burana oder Gospelsongs die Zuhörer und versetzen Volker Klüpfel und Michael Kobr ihr Publikum direkt in Kommissar Kluftingers neuen Fall. So präsentieren Starnberger Vereine, Künstlergruppen, Privatinitiativen und Institutionen das ganze Jahr über ein kulturelles Spektrum, das laut Kienzle ‚weit über Fahnen, Festtagstracht und Feuerwerke hinausgeht.‘
Mehr Infos unter www.100jahre.starnberg.de