Als ganz normale Ausstellung stellte erstmals ein Museum überhaupt die Preisträger des Euward-Kunstpreises für Menschen mit geistiger Behinderung aus. Der euward als international wichtigste Auszeichnung für Kunst im Kontext geistiger Behinderung wurde dieses Jahr bereits zum achten Mal verliehen. Doch zum ersten Mal hat das weltweit renommierte ‚Haus der Kunst‘ Künstlern mit Behinderung ein Forum gegeben. Für den euward 9 hat Museum-Leiter Dr. Andrea Lissoni auch bereits sein GO gegeben.
‚Die Ausstellung ist nicht nur schön und wichtig, sondern auch ein neuer Anfang als neue Richtung für das Haus der Kunst‘, leitete Dr. Andrea Lissoni die Verleihung des euward-Publikumspreises im Terrassensaal des Museums ein.
Über 12.000 Besucher haben sich die Ausstellung seit April angeschaut. Mit der Verleihung des Publikumspreises wurde sie traditionell beendet. Kuratorin Sabine Brantl schlüpfte in die Rolle der Moderatorin für den Nachmittag und resümierte: ‚Es wurde während der Ausstellung sehr viel diskutiert. Über eine Kunst, die uns antreibt, uns aufregt und begeistert. Kunst, die Geschichten erzählt und uns neue Horizonte eröffnet. Und das gute Kunst nicht von Biografien abhängig ist.‘
Neuer Blick auf die Gegenwartskunst
Insgesamt 341 Künstler und Künstlerinnen aus 22 Ländern hatten sich für den diesjährigen euward beworben und das Kuratorium hatte 16 Nominierte ausgewählt, deren Kunst im Museum gezeigt wurde. Aus denen hatte die siebenköpfige, internationale Experten-Jury drei Preisträger ausgewählt. Aber auch das Publikum hat bei diesem außergewöhnlichen Kunstpreis eine Stimme. Auf den Gewinner hielt Klaus Mecherlein die Laudatio, welcher Initiator des Preises, Kurator der Ausstellung und Leiter des Ateliers Augustinum in Oberschleißheim ist.
Seelenlandschaften von Künstler Kar Hang Mui
Autismus erschwert den Künstler Mui die direkte Kommunikation, äußere Sinneseindrücke stellen eine Belastung für ihn dar. So versuchte Mecherlein den Malstiftzauber zu erklären, welchen Mui mit seinen 70 x 100 cm großen fernöstlichen Landschaften zeigt. ‚Diese Intensität der Farben ist nicht nur eine monochrome Schicht, sondern entsteht durch die Verbindung, Vermalung und Übermalung mehrerer Schichten.‘
‚In der gegenwärtigen Zeit bzw. in einer Welt, die mehr das Trennende als das Verbindende betont. In einer Zeit ohne Vision sind ihre Bilder Heilmittel für unsere Seele‘, lobt Mecherlein.
Wie geht es mit dem euward weiter?
Dr. Andrea Lissoni umschreibt es im Ausstellungsbuch zum 8. Europäischen Kunstpreis für Malerei und Grafik im Kontext geistiger Behinderung so: ‚Das Haus der Kunst ist ein Museum ohne eigene Sammlung, und so kann es sich die Generosität erlauben, als Resonanzraum für die Stimmen ganz unterschiedlicher Künstler∗innen zu fungieren, ohne diese sogleich reflexhaft in Schubladen stecken, kategorisieren oder klassifizieren zu müssen.‘
Der nächste euward wird 2024 verliehen und die Ausstellung wird im Frühjahr 2024 im Haus der Kunst stattfinden.