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Der FC Bayern und sein neuer, alter Trainer

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Dr. Hans Christian Meiser philosophiert über FC Bayern und Jupp Heynckes
Dr. Hans Christian Meiser, Kolumnist bei Exklusiv München, ist Philosoph, Psychologe und Publizist. Denken und Sport sind seine Leidenschaft.

Warum nur tut er sich das an? Jupp Heynckes wird also neuer Trainer des FC Hollywood. Den Job an der Isar kennt der Jupp, er macht ihn dort schließlich nicht zum ersten, sondern tatsächlich schon zum vierten Mal. Vier Jahre ist es auch her, dass er endlich das heiß ersehnte Triple (Deutscher Fußballmeister, DFB-Pokalsieger, Champions League Gewinner) holte. Seine Nachfolger, der Spanier Pep Guardiola und der Italiener Carlo Ancelotti scheiterten daran und mussten gehen. Beide, bei ihrer Einstellung als Wundertrainer gepriesen, wurden, als der Erfolg (nach bayerischen Maßstäben) ausblieb, zu ‚Feinden im Bett‘ von Uli Hoeneß.

Was ein Rauswurf bedeutet, das weiß Jupp Heynckes auch. Kaum hatte er mit Real Madrid, dem ewigen und unerreichten Vorbild des FC Bayern, die Champions League gewonnen, wurde er entlassen; und auch in München musste er danach seinen Platz danach räumen. Es ist hier nicht der Ort, um über all die grandiosen Ergebnisse, die der Mann vom Niederrhein vorzuweisen hat, aufzuzählen. Zweifelsohne zählt er zu den ganz Großen in diesem Geschäft. Aber etwas sollte ihm zu denken geben: Real Madrid hat in seiner 115jährigen Vereinsgeschichte 59 Trainer „verschlissen“, beim FC Bayern waren es in 117 Jahren 60 Übungsleiter. Man bleibt auf diesem Posten also im Durchschnitt nicht ganz zwei Jahre.

FC Bayern und Jupp Heynckes: WAS, WENN ES SCHIEFGEHT?

Was also treibt den guten Menschen aus Mönchengladbach an? Ist er ein Spielball der Mächtigen beim FC Bayern? Will er es mit seinen 72 Jahren noch einmal wissen? Das ganz große Rad drehen? Bei seinem Abschied aus München im Jahr 2013 deutete er an, dass er nun Spaziergänge mit seiner Frau Iris und dem Schäferhund Cando machen und mehr Zeit für Konzerte und Gartenarbeit aufbringen wolle. Das klingt eher nach einem normalen Bürger, der sich nach langer Lebensarbeitszeit ganz ins Private zurückziehen möchte.

Deshalb noch einmal die Eingangsfrage: Warum tut er sich das an? Er weiß doch genau, was passieren wird. Denn wird der FC Bayern nicht Deutscher Meister und zumindest noch Pokalsieger, ist es mit den Hymnen gleich wieder vorbei. Dann wird es heißen: „Heynckes ist zu alt für diesen Job“; „Heynckes‘ Trainingsmethoden sind zu altmodisch, er kommt mit den jungen Spielern nicht klar“.  „Heynckes schafft es nicht, sich gegen die Führungsriege des FC Bayern durchzusetzen“; „der europäische Fußball ist dem aus Bayern deutlich überlegen“ usw.

Natürlich kann es auch umgekehrt kommen und der neue Trainer gewinnt, was auch immer es zu gewinnen gibt, einschließlich des eigentlich gänzlich unwichtigen Audi- und Telekompokals. Aber selbst das ist keine Garantie für eine – sagen wir einmal – fünfjährige Daueranstellung beim FCB.

WISSEN, WEISHEIT UND LEBENSKRAFT

Die Weisen aller Kulturen sagen immer, man solle auf dem Höhepunkt des Erfolges aufhören. Eine andere Redensart – dieses Mal aus dem Bereich des Profiboxens – lautet: ‚They never come back.‘ Beides traf in der Geschichte nicht immer zu, wobei die Ausnahmen eben die Regeln bestätigen. Auf der anderen Seite ist Jupp Heynckes ein gutes Beispiel dafür, dass man in einer auf Jugendwahn getrimmt Gesellschaft auch im Alter „bella figura“ machen kann und nicht unbedingt zum Alteisen gehört.

Natürlich, so wird man jetzt einwerfen, ist Heynckes eine Ausnahmeerscheinung; ein normaler 72jähriger findet eben keine Anstellung mehr in dem Beruf, den er einst erlernte. Das ist richtig. Aber er kann seine Erfahrung und seine Expertise an Andere, Jüngere weitergeben. Nichts ist erfolgreicher als die Kombination aus dem Élan vital der Jugend und dem Wissen der Alten. Bei unseren nächsten Verwandten, den Menschenaffen, weiß man das schon längst und arbeitet zusammen. Homo sapiens sapiens hat es indes verlernt oder will es nicht wahrhaben, was zu Fehlentwicklungen führt, wie z.B. jener, nach der einer, der niemals Zeit hat, gesellschaftlich als besonders wichtig angesehen wird. Wohingegen man jemanden, der über genügend Zeit verfügt und ein vergnügliches Leben führt, einen „Bonvivant“ nennt und ihn als einen nicht wirklich ernst zu nehmenden Zeitgenossen einstuft.

AUF ZUR MORGENDLICHEN AFFIRMATION

Deshalb können wir nur hoffen, dass Jupp Heynckes über genügend Weisheit verfügt, sein Wissen und seine Erfahrung mit der Vitalität eines Joshua Kimmig, eines Thomas Müller oder eines Robert Lewandowski zu mischen. Die ‚autoridad‘ des Pep Guardiala hat das Triple nicht möglich gemacht. Die l’eggerezza‘ von Carlo Ancelotti führte noch nicht einmal zum Double. Wenn Jupp Heynckes klug genug ist, dann motiviert er seine schutzbefohlenen Jungmillionäre täglich mit folgender morgendlicher Affirmation zum Gewinn des Triples 2018: „Mehr trippeln, mehr trippeln, mehr trippeln…“

Was meinen Sie? Schafft es der FC Bayern, seine sportliche Beinahe-Krise durch Jupp Heynckes zu überwinden?

Senden Sie uns also bitte Ihre Meinung an: meisersmore@exklusiv-muenchen.de

Ihr Dr. Hans Christian Meiser

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