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Ein tolles Wochenende in Luxemburg

MEISER’S MORE

City Trip Luxemburg. Fotocredit: Christophe Van Biesen / LFT
City Trip Luxemburg. Fotocredit: Christophe Van Biesen / LFT

„Hier findet sich so viel Größe mit Anmut, so viel Ernst mit Lieblichkeit verbunden, dass wohl zu wünschen wäre, Poussin hätte sein herrliches Talent in solchen Räumen betätigt,“ schrieb Johann Wolfgang von Goethe am 15. Oktober 1792 über jenes besondere Land in der Mitte Europas, das einem vertraut scheint, auch wenn man es noch nie besucht hat.

Luxemburg: So fern und doch ganz nah

Mir jedenfalls ging es so und ich war mehr als erstaunt, als ich begriff, dass sich hier ein Refugium auftut, in welchem man durchaus öfter Erholung suchen sollte. Das liegt zunächst einmal an der Entfernung. In weniger als 60 Minuten ist man von München aus mit dem Flugzeug dort. Ich flog an einem Freitag um 9 Uhr ab und war am Sonntag um 19:30 Uhr wieder zurück. Der hochmoderne Flughafen ist nur ca. 15 Minuten von der Innenstadt entfernt, was sich als ein weiterer Vorteil herausstellt. Schon auf der Fahrt nach Luxemburg City fällt einem auf, dass hier alles ziemlich relaxed zugeht. Kein Wunder, denn es herrschen hier Mittelalter, Museumskultur, Michelin-Sterne und Moselwein. Warum sollte man sich also stressen?

Reichtum macht erfinderisch

Luxemburgs Reichtum stammt ursprünglich aus den Erzvorkommen im Süden des Landes. Dann kam das Steuerparadies, und heute sind es die EU-Institutionen (Europäischer Gerichtshof, Europäischer Rechnungshof, Europäische Investitionsbank, Sekretariat des Europäischen Parlaments), die Banken, die hier ihre Fonds verwalten und amerikanische Unternehmen, wie Amazon, die ihre europäische Unternehmenszentrale und ihren Verwaltungssitz vor Ort haben. Warum gerade hier, darüber darf man spekulieren. Ohne diese wirtschaftlichen Maßnahmen freilich müssten die ca. 200.000 Pendler aus Deutschland und Belgien, die täglich zur Arbeit in das Großherzogtum kommen, anderweitig versorgt werden …

Luxemburg Kultur! Kultur! Kultur!

Wo Reichtum herrscht, da ist auch die Kultur nicht fern. In Luxemburg eröffnen Buchhandlungen, in Deutschland werden sie geschlossen. Die Anzahl der Galerien wächst ständig, die Ausstellung haben inzwischen internationales Format. Und neben der superben Philharmonie, in der Künstler von Weltrang auftreten, gibt es auf dem Kirchberg-Plateau (gegenüber der Altstadt) das MUDAM (Museé d’Art Moderne), welches für 88 Millionen Euro vom chinesischen Stararchitekten Ieoh Ming Pei errichtet wurde.

Luxemburg Stop
Hinter der eindrucksvollen Festung erhebt sich das MUDAM Museum. Fotocredit: Exclusief.be / LFT

Ich wohnte der Eröffnung des Design Festivals „Me craft – You industry – We design“ bei und staunte ob der unglaublich gelungenen Photo-Ausstellung „Appearance“ des Kanadiers Jeff Wall. Der „Spaceship“- Installationen des Japaners Susumu Shingu sowie der Mudam Collection mit Werken von Stan Douglas, Günther Förg, Julian Schnabel und vielen anderen international renommierten Künstlern.

Dann gibt es aber noch das Casino-Forum of Contemporary Art und viele kleine Kunsthandlungen, von denen mir die Galerie Clairfontaine besonders gelungen scheint. Marita Ruiter, gebürtige Österreicherin, kümmert sich hier vor allem um photographische Kunst, von Gisèle Freund bis Liza Ambrossio.

Lea Linster Superstar

Neben den geistigen Genüssen dürfen natürlich auch die körperlichen nicht zu kurz kommen. Luxemburg ist voll von Feinschmecker-Lokalen und -geschäften jeder Art. Kein Wunder, heißen doch die Gourmet-Nachbarn Frankreich und Belgien. Den deutschen TV-Zuschauern ist vermutlich die Spitzenköchin Léa Linster durch die Shows Die Küchenschlacht, Lanz kocht und The Taste ein Begriff. In der Altstadt von Luxemburg hat sie ein kleines Geschäft und verkauft dort vor allem Madeleines und Quiche sowie ihren eigenen Crémant.

Sie verfügt über einen Michelin-Stern sowie über den Bocuse d’Or und kocht in ihrem Restaurant Lea Linster in Frisange. Die umtriebige Köchin ist eine echte Entertainerin und begeistert jeden, der zu ihr kommt, durch ihre liebevolle Spontaneität, ihren Charme, ihren Witz und ja – natürlich auch durch ihre Kochkunst. Die meisten Münchner sind vermutlich eher Fans der mediterranen Küche, zumal Italien und sein Olivenöl nicht fern sind. In Luxemburg wird eher mit Butter gekocht, aber in Kombination mit dem Klima und den Produkten ist dies durchaus passend.

The City of Science

Plenus venter non studet libenter“ wussten schon die alten Römer, weshalb es jetzt Zeit für einen kleinen Abstecher in den Süden Luxemburgs ist, nach Belval, das „Land der Roten Erde“. Hier, auf dem ehemaligen Gelände des Eisenerzabbaus, entstand um die letzten beiden Hochöfen herum für € 1,9 Milliarden die City of Science, eine Mischung aus Wohnen und Studieren, aus Universität und Geschäftsraum. 7.000 Studenten sollen hier einmal ihren Beitrag zur Wissenschaft leisten und weitere 20.000 Personen arbeiten. Durch ein waghalsiges Zusammenspiel von moderner Architektur und Industriedenkmälern wurde hier auf 120 Hektar eine Stadt geboren, die ihresgleichen sucht.

RTL und der Wasserturm

Überhaupt sind die Luxemburger sehr kreativ, wenn es um die Umwandlung von nicht mehr gebrauchten Industrieanlagen in Kunst geht. Ein weiteres Beispiel ist das Städtchen Dudelange, ebenfalls im Süden gelegen, wo man einen alten Wasserturm in eine Bildergalerie umgewandelt hat, in der neben einer Dauerausstellung des weltberühmten luxemburgisch-amerikanischen Photographen Edward Steichen auch andere Luxemburger Künstler wie der Schauspieler Thierry van Werwecke (vor allem bekannt aus Knockin‘ on Heaven‘s Door) temporär gewürdigt werden. Gleich daneben: das Centre National de l’Audivisuel, in dem alles aufbewahrt wird, was je an Kunst in Luxemburg an Radio, Film und Fernsehen (großes RTL Archiv) entstanden ist.

Der Amphorenwein

Finanzen, Kunst und Kultur machen die eine Seite Luxemburgs aus, die andere besteht aus Natur, Essen und Trinken. Hier einige Beispiele: Die Mosel gibt es nicht nur in Deutschland, sondern auf 39 Kilometern auch in Luxemburg. Wie auch in Deutschland wird hier Wein angebaut, Riesling, Pinot Gris, Auxerrois. Crémant wird allerorten produziert, und in der Domaine Viticole Laurent et Rita Kox versucht die Tochter Corinne etwas ganz Besonderes: Sie macht Wein in Amphoren, wie die Römer vor 2.000 Jahren.

Die Tongefäße, gefertigt in Georgien, werden in die Erde gelassen; anschließend kommen die Trauben hinein und sind dem natürlichen Gehrungsprozess überlassen. Aus 1.000 Litern werden auf diese Weise 700 Flaschen, deren Inhalt leicht rauchig schmeckt wie bei vielen Chardonnay-Produkten. Noch ist das Ganze etwas gewöhnungsbedürftig, aber ich bin sicher, dass da etwas im Entstehen, das, wenn ausgereift, ein guter Ersatz für jenen Wein ist, der fast überall Sulfite enthält. Und ob die gut sind, darüber streitet die nicht nur die Weinwelt.

Müllerthal Höhle. Fotocredit: Khaled Frikha / LFT
Eine typische Müllerthal Höhle. Fotocredit: Khaled Frikha / LFT

Das Gesetz nur kann uns Freiheit geben

Hat man zu viel davon erwischt, kann man seinen Kater am nächsten Tag bei einer Wanderung im Müllerthal, der „Luxemburgischen Schweiz“ loswerden. Diese einzigartige Landschaft aus Sandsteinfelsen mit Kletterstegen und Wanderwegen könnte die Kulisse für manchen Mystery-Film darstellen; ihre Schluchten, Höhlen, Felsspalten und Felsplatten in schwindelerregenden Höhen sind manches Mal derart bizarr, dass man auf den verschiedenen Trails sich wie in einer Urzeitwelt fühlt.

Wer sich anschließend stärken möchte, tut dies entweder im Restaurant Becher Gare mit seiner grandiosen Aussicht oder bei einer Apfel-Cider-Verkostung in Born, in einer alten Scheune (Ramborn Cider Haff), wo alles 100%ig ökologisch ist. Die Früchte stammen von den wiederbelebten Streuobstwiesen, die sich in dieser Gegend befinden. Frischer und belebender geht es kaum – und wer den Apfelwein „Made in Luxemburg“ kennen gelernt hat, möchte ihn nicht mehr missen, genauso wie jenes Land, durch dessen Städtchen Schengen die Reisefreiheit in Europa begründet wurde.

Freiheit ist vielleicht jener Wert, der Luxemburg am meisten kennzeichnet. 48% der Einwohner sind Ausländer, die meisten Menschen hier sprechen drei bis vier Sprachen, man ist vollkommen relaxed und kann sogar für nur 4 € am Tag auf dem gesamten Streckennetz von Bus, S- und Eisenbahn das Land durchqueren. Einen Zwang gibt es trotz aller Libertinage dann aber doch: die Wahlpflicht. Aber wer weiß, vielleicht funktioniert die parlamentarische Demokratie gerade deswegen hier so gut? Das wusste auch der eingangs zitierte Goethe, als er schrieb: „Das Gesetz nur kann uns Freiheit geben.“

Luxemburgs Top Adressen

Wohnen

  • Hotel Simoncini – Perfekte Lage am Rand der Fußgängerzone, Kunstgalerie, nicht luxuriös, www.hotelsimoncini.lu
  • Le Place d’Armes – Luxushotel in der Altstadt mit Gourmet-Restaurant von Fabrice Salvador (1 Michelin-Stern), www.hotel-lepladedarmes.com

Essen und Trinken

  • Ca(fé)sino im Casino-Forum of Contempory Art (Schicke Brasserie in der Altstadt), www.casino-luxembourg.lu
  • Delicatessen by Lea Linster (in der Altstadt), www.lealinster.lu
  • Restaurant Lea Linster (in Frisange), www.lealinster.lu
  • Restaurant Beeftro (in Esch-sur-Alzette, im District Belval), www.belval.beeftro.com
  • Domaine Viticole Laurent et Rita Kox (in Remich), www.domainekox.lu
  • Becher Gare (in Berch), www.bechergare.lu
  • Ramborn Cider Haff (in Born), www.ramborn.com

Shops, Kunst & Kultur

  • Feinkostgeschäft Kaempff-Kohler (berühmt für seine Rieslingpastete) in der Altstadt, www.kaempff-kohler.lu
  • Museum für Zeitgenössische Kunst (MUDAM) am Kirchberg-Plateau, www.mudam.lu
  • Galerie Clairefontaine, www.galerie-clairfontaine.lu
  • City of Science (in Belval), www.fonds-belval.lu
  • Centre National de l‘Audivisuell (Dudelange), www.cna.lu
  • Wandern und Klettern im Müllerthal, www.mullerthal.lu
Herzlich,
Ihr
Dr.Hans Christian Meiser.

Autor: Hans Christian Meiser MEHR THEMEN VOM AUTOR!

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