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Münchner Kammerspiele mit neuem Stück: Wie sieht wohl die Zukunft der Liebe aus?

MEISER’S MORE

Neues Stück @ Münchner Kammerspiele Fotocredit: Julian Baumann
Neues Stück @ Münchner Kammerspiele Fotocredit: Julian Baumann

Vergangene Woche war ich in den Münchner Kammerspielen und sah mir das aktuelle Theaterstück an „No … “ (… das Wort mit ‚S‘!) des japanischen Autors und Regisseurs Toshiki Okada an. Ich hatte eine Freundin gebeten, mich zu begleiten. „Ausgerechnet zu einem Schauspiel mit diesem Titel!“ meinte sie belustigt, doch sollte ihre Heiterkeit mit jeder Minute, die das Bühnenwerk andauerte, vergehen. Mir übrigens auch. Das lag aber weniger an dem etwas lauen Stück oder der nicht unbedingt grandiosen Darstellerkunst, sondern vielmehr an der kühlen Luft, die durch den Zuschauerraum waberte. War diese nur auf die falsch eingestellte Klimaanlage zurückzuführen? Oder erzeugte das, was auf der sehr realistisch gestalteten Bühne geschah (oder eben nicht) eine derartige Kälte, dass einige Zuschauer aufstanden und den Saal verließen?

DAS ENDE VON …?

Es geht in dieser Inszenierung um die Problematik von vier jungen (japanischen) Freunden, die zwar die Kraft des Triebes in sich entdecken, sie aber aufgrund der gesellschaftlichen Entwicklung unterdrücken. Und eher Libidoverzicht leisten als dass sie sich auf ein amouröses Abenteuer einlassen würden. In einer Karaoke-Bar versuchen sie, von Gefühlen zu singen, haben aber kaum welche mehr und fragen sich, wie es wohl sein würde, wenn sie welche hätten.

Somit salbadern sie wie die Jungs aus ‚The Big Bang Theory‘, stellen alle möglichen Überlegungen zum „Inter-Treatment“ (ihre Begrifflichkeit für den Geschlechtsverkehr) auf und halten die Sprachlosigkeit zwischen sich und „den anderen“ für ein Problem des jeweiligen „Clusters“. Dann gibt es noch den Besitzer der Bar und eine ehemalige Putzfrau aus einem Love-Hotel, beide bleiben aber blass und können den jungen Leuten nichts entgegensetzen, geschweige denn ihnen in ihrer Hilflosigkeit zur Seite stehen.

JEDER DRITTE MÜNCHNER LEBT ALLEIN

Diese Zeilen sollen keine Theaterkritik sein, sondern ein Phänomen beleuchten, das nicht nur in München, der Singlehauptstadt Deutschlands, sondern auch in anderen Metropolen der Welt zu beobachten ist. Sah man in den 80er, 90er und 2000er Jahren in den Cafés, Bars und Restaurants meist noch gegengeschlechtliche Pärchen, so findet man heute an den meisten Orten zwei bis vier Freunde oder zwei bis vier Freudinnen, die „ausgehen.“

Was ist geschehen? Vermutlich das, was Toshiki Okada mit seinem Stück zu beschreiben versucht. In den Industriegesellschaften nehmen lange Arbeitszeiten, Berufszwänge, Freizeit- und sonstiger Konsum derart überhand, dass sich immer weniger Menschen auf den Stress einlassen wollen, welchen die Liebe in der analogen Welt mit sich bringt. Der Wissenschaftler Volker Sigusch hat zu diesem Phänomen festgestellt, dass die jetzige Generation durchaus Liebe und S… (Wort mit 3 Buchstaben) trennen kann. Es gibt genügend Möglichkeiten, seine Triebe auszuleben, so man noch welche hat.

Doch es gibt in unserer Gesellschaft kaum noch ein verstärktes Bedürfnis nach echten Begegnungen von Mensch zu Mensch mit all ihren Komplikationen, aber eben auch mit all ihren Freuden. Beim Homo Digitalis verkümmert alles. Das Wort mit ‚S‘ wird zur uninteressantesten Nebensache der Welt. Das Aufkommen der Künstlichen Intelligenz verstärkt diese Tendenz in erschreckendem Maße. Die virtuelle Welt wird wesentlich interessanter als die reale. Sie ist zudem praktischer. Was einem nicht gefällt, kann man im wahrsten Sinn des Wortes ausblenden. Und was einem gefällt, holt man sich problem- und kostenlos nach Hause. Trennungsschmerz wird unbekannt.

DAS ENDE DER LIEBE?

Hat die Liebe als ideale Form der Paarbeziehung ausgedient? Bringen die digitalen Welten ganz neue zwischenmenschliche Begegnungen hervor? Werden Sexroboter die Zukunft des Geschlechtlichen bestimmen? In Japan zumindest scheint man auf dem Weg dorthin zu sein. Die Hälfte aller 18-24jähren, so heißt es, hatte noch nie S.. (das Wort, was Google nicht mag), und die meisten Ehepaare, die schon über einen längeren Zeitraum verheiratet sind, interessieren sich mehr für ihr berufliches Fortkommen als für die Lust, die der Körper bieten kann. Zum beruflichen Stress, der ja bekanntlich der Libido nicht förderlich ist, gesellen sich Platznot und Konsumzwang, was wiederum das Entstehen von immer mehr „Lovehotels“ und Karaoke-Bars begünstigt.

SIND WIR IN MÜNCHEN AUCH SCHON SO WEIT?

Solange es noch das Oktoberfest (bei dem die bayerische Variante des Karaoke-Singens gepflegt wird) gibt, sicher nicht. Zumindest nicht im Herbst. Und solange wir noch das Münchner Umland haben, in das man vor dem Stress und den zu vielen Mitbewohnern fliehen kann, vermutlich auch nicht. Dennoch können wir konstatieren, dass es sich mit der Liebe nicht mehr ganz so easy verhält wie noch vor zwanzig Jahren.

Die sexuelle Befreiung wurde durch AIDS gestoppt, die Frauenbewegung war schon einmal viel weiter als sie heute ist, und die Hingabe an virtuelle Freu(n)de(n) bringt auch nicht das erhoffte Glück. Im Gegenteil: Je mehr der Mensch metrisch wird, je mehr er sich von Likes, Followern und Fans abhängig sieht, umso weniger kann er zu einem Wesen erwachsen, das sich souverän einen Lebens- und Liebespartner sucht. Und zwar auf der Straße, nicht über Datingplattformen oder -apps.

Bei diesen können zwar gemeinsamen Interessen und Werte als Basis für eine Beziehung herausgefunden werden, aber es fehlt die Magie des Zufalls, welche die Beteiligten später von der schicksalhaften Fügung des Kennenlernens schwärmen lässt – was sich gewiss besser anfühlt als das Bewusstsein, dass es der Algorhythmus einer Maschine war, der einen zusammenführte (Ausnahmen bestätigen wie immer die Regel). Wird die Liebe in der uns bekannten Form  also aus der „Weltstadt mit Herz“ über kurz oder lang verschwinden? Glaubt man dem Stück von Toshiki Okada, dann ganz sicherlich. Hält man sich an bayerische Traditionen, dauert es hoffentlich noch ein Weilchen.

Mit meiner Bekannten suchte ich übrigens nach dem Stück ein Restaurant mitAsian Fushion Kitchen“ auf – das musste angesichts des eben Erlebten einfach sein. An den Tischen saßen, man ahnt es schon, keine Pärchen, sondern nur Freunde, resp. Freundinnen. Und ein Inter-Treatment hatten wir anschließend natürlich auch nicht.

Herz(!)lich

Ihr

Dr. Hans Christian Meiser.

Dr. Hans Christian Meiser
Dr. Hans Christian Meiser unterwegs … Hier @Signsawards zwischen Annette Heuser (Otto-Beisheim-Stiftung) und Helena Lanz (re.) auch von der Otto-Beisheim-Stiftung)

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