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Münchner Unternehmer-Geschichten: Markus C. Müller von Nui Care plant neuartiges Hospiz

Markus C. Müller’s Geschichte ist mehr als außergewöhnlich. Nach einem Jura-Studium in München führte er  Blackberry Europa. Dann plötzlich sein Ausstieg beim Tech-Konzern. Aktuell baut er ein Hospiz in der Landeshauptstadt. Wir wollten von ihm wissen, wie es zu so einem außergewöhnlichen Lebensweg kommt? Im Interview verriet er uns seine Ziele und Beweggründe, seinen CEO-Sessel an den Nagel zu hängen!

Markus C. Müller (48) im Interview über sein Hospiz München. Fotocredit: Nui Care
Markus C. Müller (48) im Interview. Fotocredit: Nui Care

Dieser Mann plant ein völlig neues Hospiz München

Von Unternehmenschef über Tantra-Massage zur Sterbebegleitung – wie kam es zu dieser Wandlung?

Markus C. Müller: „Zu BlackBerry kam ich, weil ich mein eigenes Unternehmen an BlackBerry im Mai 2011 verkauft hatte. Dass ich dann dort bis zum Europachef aufstieg, war so eigentlich nicht geplant, ist aber passiert. Als ich irgendwann eine Tantra-Massage als ganzheitliche Massage für mich entdeckte, war ich so begeistert, dass ich dies selbst erlernen wollte. Außerdem finde ich es wichtig, sich mit dem oft tabuisierten Thema „Sexualität“ auseinanderzusetzen. Denn diese Massage bezieht auch die sexuelle Energie als wohl eine der stärksten Energien im menschlichen Körper, mit ein. Ohne sie wäre ja keiner von uns auf der Welt – damit stellt sie auch irgendwie den einen Pol im Leben dar. Der andere Pol ist der Tod, durch den wir aus dem Leben scheiden. Für ein erfülltes Leben denke ich, sollte man sich mal mit beiden Polen beschäftigen, um die Zeit dazwischen wirklich voll und ganz leben zu können.“

Man kann sich in vielen Bereichen sozial engagieren. Warum haben Sie sich für Sterbebegleitung entschieden?

Markus C. Müller: „Ich habe vor über sechs Jahren einen Bericht eines Sterbebegleiters über seine ehrenamtliche Arbeit gelesen. Dieser Artikel hat mich emotional so stark berührt, dass ich wusste, das muss ich mir näher ansehen. Und inzwischen weiß ich nicht nur, dass ich Menschen gut beim Sterben begleiten kann, sondern ich spüre auch, dass es mir besser geht im Leben. Die Beschäftigung mit der Endlichkeit führt bei mir dazu, dass ich die Zeit bis zum Ende intensiver und bewusster lebe.“

Wie haben Sie die Ausbildung zum Sterbebegleiter erlebt?

Markus C. Müller: „Das war heftig. Eine Meditation über drei Stunden ganz besonders. Zuvor mussten wir auf sechs Zetteln jeweils eine Sache notieren, an der wir sehr hängen und einen Menschen, den wir lieben. Dann mussten wir in der Meditation in den eigenen Tod reingehen und alle halbe Stunde einen Zettel loslassen. Meine erste Sterbebegleitung war eine 94-jährige, alleinstehende und schwer demente Frau. Sie wollte sterben und bat mich: „Erschießen Sie mich!“ Ihr Sterben dauerte zwei Monate. Am vorletzten Tag war ich bei ihr. Mehr nicht. Aber ich habe das Gefühl, dass es eine Hilfe für sie war.“

Was gibt Ihnen Ihr neues Leben? Inwiefern ist Ihr Leben heute erfüllter?

Markus C. Müller: „Früher hat meine Arbeit fast die gesamte Zeit meines Lebens eingenommen. Heute ist sie nur ein Teil von fünf Energien. Die anderen vier Energien, die mir wichtig sind, auch in mein Leben zu integrieren, sind: Reisen, soziale Kontakte, die Hospizarbeit und die Liebe. Diese Bereiche sind in meinem „alten Leben“ zu kurz gekommen. Jetzt schaffe ich dafür Zeit – und es fühlt sich erfüllter an, so zu leben.“

Sie haben Jura studiert und das Examen erfolgreich abgeschlossen. Warum haben Sie nie in diesem Bereich gearbeitet?

Markus C. Müller: „Mir hat Jura durchaus Spaß gemacht und interessiert. Am Ende war mir aber jeder juristische Beruf zu einengend – zu spezialisiert. Ich bin eher ein Generalist, kein Spezialist. Deshalb wäre ich damit wohl nicht glücklich geworden.“

Als Europa-Chef von Blackberry waren Sie viel auf Reisen, in vielen Hotels, etc.
Fehlt Ihnen dies manchmal? Und was bedeutet Luxus für Sie heute?

Markus C. Müller: „Ich bin auch heute noch oft unterwegs, aber vielleicht ein- bis zweimal im Monat. Früher war das sechs Tage pro Woche der Fall. Im Jahr 2014 hatte ich 250 Flüge absolviert. Das klingt spannend, macht aber auf Dauer keinen Spaß. Luxus ist etwas, das ich gerne ab und zu mal genieße. Ein schönes Hotel oder ein sehr gutes Essen gehört natürlich dazu. Aber Luxus verliert seinen Reiz, wenn es zum Alltag wird. Deshalb bewahre ich mir Luxus als etwas Besonderes. Nur so kann ich das auch genießen.“

Sie haben eine Pflege-App auf den Markt gebracht. Was hat es damit auf sich?

Markus C. Müller: „Die „Nui Pflegeleicht App“ haben wir für pflegende Angehörige entwickelt. Für diejenige Gruppe also, die ich mit meiner Sterbebegleiter-Tätigkeit entlaste und unterstütze. Dort ist mir auch aufgefallen, wie überfordert diese Menschen oft mit der Pflege eines geliebten Menschen zu Hause sind. Mit der App helfen wir den pflegenden Angehörigen auf der gesamten Pflegereise mit Informationen zur richtigen Zeit, personalisiert auf die eigene Situation. Außerdem kann sich die ganze Familie, Nachbarn, Freunde etc. in der App gemeinsam über die Organisation des pflegerischen Alltags abstimmen.“

Gerade planen Sie den Bau eines Hospiz in München. Wo genau soll dieses entstehen und wie wird es finanziert?

Markus C. Müller: „Wir planen ein Palliativ- und Hospizzentrum. Etwas, das es so in Deutschland noch nicht gibt. Ein Haus, in dem alle Leistungen für einen Menschen, der eine lebensverkürzende Diagnose bekommen hat, enthalten sind. Dieses „Haus des Lebens“, so der Arbeitstitel, wird über Spenden finanziert. Wie Sie sich denken können, ist so ein Haus mit Grundstück in München nicht ganz billig. Wir haben nun ein Grundstück gefunden – in Giesing. Dort werden wir hoffentlich Anfang nächsten Jahres mit dem Bauen beginnen.“

Seit wann sind Sie Vorstandsmitglied im Münchner Hospiz-Verein und was genau macht der Verein?

Markus C. Müller: Der Hospizdienst DaSein e.V. ist momentan ein rein ambulanter Hospizverein, der mit einem 30-köpfigen hauptamtlichen Team Sterbende zu Hause und im Pflegeheim begleitet. Das Team besteht aus ÄrztInnen, PflegerInnen und SozialpädagogInnen. Außerdem gibt es über 70 ehrenamtliche Hospizbegleiter (wie mich), die zusätzlich unterstützen.

Seit ca. 5 Jahren bin ich dort Vorstandsvorsitzender und mit unserem Hospiz- und Palliativzentrum in Giesing erweitern wir unser Angebot deutlich auch um stationäre Angebote.

Wie sieht ein Arbeitstag bei Ihnen heute aus?

Markus C. Müller: „Sehr unterschiedlich – ich bin auf Veranstaltungen, treffe Partner, stimme mich mit unserem Team ab und halte Vorträge.“

Sie leben in München. Wo können Sie am besten abschalten?

Markus C. Müller: „Ich lebe am Englischen Garten und liebe es, dort spazieren zu gehen. Am liebsten mit meinem „Teilzeit-Hund“, den ich circa zwei Tage pro Woche bei mir habe.“

Welche Ziel ist für Sie im Leben überhaupt noch erstrebenswert?

Markus C. Müller: „Ich wünsche mir, dass ich die fünf oben bereits genannten Bereiche noch besser alle in Einklang bekomme in meinem Leben. Daran arbeite ich noch. Außerdem fände ich es spannend, in ein paar Jahren mal eine Gemeinschaft zu gründen, in der vielleicht 30-50 Menschen zusammen leben – mit dem Ziel, ein gemeinsames Projekt umzusetzen. Am liebsten Jung und Alt gemischt, Familien und Singles – bunt und heterogen. Wir Menschen sind „Rudeltiere“ und nicht dazu gemacht, in Single-Haushalten in großen Städten zu leben. Eine solche Gemeinschaft wünsche ich mir – auch für meinen „Lebensabend“.“

Wer Interesse am Münchner Hospiz Projekt hat – wie kann man mit Ihnen am besten Kontakt aufnehmen?

Markus C. Müller: ‚Wer spenden möchte, geht am besten auf unsere Website!

Das Interview führte Andrea Vodermayr

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