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Heiztechnik Wärmepumpen: Nicht zukunftssicher und schlecht für die Gesundheit?

‚War die Energiepolitik der Bundesregierung überstürzt und nicht sauber durchdacht? Am Beispiel vom Einsatz von Luftwärmepumpen wird schnell klar, dass die Gesundheit bei Vielen auf der Strecke bleiben könnte! Tinnitus, Schlafstörungen, Herz- Kreislaufprobleme können mögliche Folgen sein! So konkret benennt die WHO in ihren Leitlinien zu Umgebungslärm die gesundheitlichen Folgen.‘ Diese Zeilen stammen aus unserem Artikel von Herbst 2018 ‚Energiepolitik die krank macht‘. Seitdem bekommen wir regelmäßig Hilfemails aus ganz Deutschland. Oft wissen Betroffene noch nicht mal, woher die Lärmquelle stammt.

Sogar DER SPIEGEL (Nr. 12/19.3.2022) greift das Thema Wärmepumpen auf und schreibt: ’98 Prozent der Geräte arbeiten ineffizient.‘ In einem Artikel am 18. März 2022 erklärt die Redaktion, warum Wärmepumpen soviel Strom verbrauchen.

Was Bauherren und Renovierer rund um effizientes Heizen mit Strom unbedingt wissen sollten!

Interview mit den beiden Experten Timo Müller (Vorstand im Verein ITSW e.V. -Informationskreis tieffrequenter Schall im Wohnumfeld e.V.). und Frank Dehnke (DIN Experte für Schall, beim ITSW für Lärmwirkungsforschung zuständig). In zehn Jahren Vereinsarbeit stellten sie fest, dass ein hoher Anteil der installierten Wärmepumpen falsch aufgestellt oder falsch betrieben wird.

Was genau macht der ITSW?

Timo Müller: ‚Wir arbeiten an der Verbesserung des Schutzes der Menschen im Wohnumfeld bei Lärm-, Schall- und Vibrationsbelastung ausgehend von stationären Anlagen. Dazu gehören Heizsysteme, Lüftung, aber auch Klima und die Energiegewinnung. Darüber hinaus informieren wir über die gesundheitlichen Auswirkungen von leisen, aber andauernden LFN*-Belastungen auf den Menschen und arbeiten gemeinsam mit Politik, Wissenschaft und Verwaltungen an positiven Veränderungen in diesem Bereich.‘

*LFN: low frequency noise – tieffrequenter Schall

Wie bewerten Sie den Wärmepumpen-Hype im Koalitionsvertrag, welcher nach Plänen der Politik die Heizung der Zukunft ist?

Frank Dehnke: ‚Man muss genau hinsehen und die jeweiligen Voraussetzungen im Einzelfall berücksichtigen. Zum Beispiel sind Luft-Wasser-Wärmepumpen nicht für jede bauliche/räumliche Situation geeignet. Vor allem die Nachrüstung im Alt(bau)bestand und im Zuge der „Nachverdichtung“ in Wohn- und Mischgebieten ist oft problematisch. Hier gibt es übrigens die meisten Anfragen an den Verein. Luftwärmepumpen sollten als eine Alternative oder Teilkomponente neben anderen Wärmequellen gesehen werden und müssen auch im Kontext ggf. erforderlicher akustischer Maßnahmen betrachtet werden, die aus der einfachen und günstigen Technik im Problemfall schnell eine komplexe und teure werden lassen, da gerade die oft erforderliche schalltechnische „Nachjustierung“ mit erheblichem Zeit- und Materialaufwand einhergehen kann.‘

Timo Müller: ‚Es gibt nach wie vor weder das Recht auf noch die Pflicht zum Betrieb einer Wärmepumpe – auch wenn die Werbung vieler Anbieter dies suggeriert.‘

In Österreich ist der Nachtbetrieb von Wärmepumpen verboten – was steckt da dahinter?

Frank Dehnke: ‚Das Bundesland Kärnten hat es schon vor Jahren mit einem sehr pragmatischen Ansatz geschafft, einen ganz wesentlichen Problempunkt von Luftwärmepumpen zu entschärfen. Ausgehend von der Erkenntnis, dass auch unterschwellige, nächtliche Belastungen mit tieffrequenten Schallanteilen zu relevanten gesundheitlichen Beeinträchtigungen führen können, hat man eine Regelung zum Schutz des Menschen formuliert, die mithin den Nachtbetrieb überflüssig macht: korrekt dimensionierte Systeme mit Wärmespeicher müssen nachts nicht laufen und sind auch günstiger im Stromverbrauch.

Auch das Deutsche Umweltbundesamt kommt in einer Veröffentlichung von 2020 (UBA 134-2020) zu dem Schluss, dass ein Betrieb von Wärmepumpen während der Ruhezeiten zu vermeiden ist und die technischen Voraussetzungen für solche Ruhephasen heute durchweg gegeben sind. Wenn eine heute geplante oder installierte Anlage nachts laufen muss, so kann das ein Hinweis auf ein mangelhaftes planerisches Konzept oder veraltete Technik sein. Es liegt also hierzulande noch in der Verantwortung der lokalen Behörden, der Planer und Betreiber den Stand der Technik verantwortungsvoll umzusetzen.‘

Wird in Deutschland das Problem der Lärmverschmutzung generell vernachlässigt? 

 Timo Müller: ‚Nach aktuellen WHO-Angaben gehen in Europa durch Schalleinwirkungen jährlich über eine Million gesunder Lebensjahre verloren. Das beinhaltet Effekte wie koronare Herzerkrankungen, Schlafstörungen und aurale Effekte wie Tinnitus oder Hörverlust, der wiederum einen Risikofaktor für Demenzerkrankungen darstellt. Seitens der Politik sehen wir bislang keinerlei wirksame Ansätze, mit der Zunahme neuer stationärer Gerätetypen wie Blockheizkraftwerke, Biogasanlagen oder Wärmepumpen im Wohnumfeld auch den Schutz der Bevölkerung an den Stand des Wissens zur spezifischen Belästigungs- und Schädigungswirkung dieser Quellen anzupassen. Es wird z.B. argumentiert, dass EU-Regelungen einen verbesserten Schutz in Deutschland nicht zuließen, was aber genauer Betrachtung nicht standhält.‘

Wie sieht denn eine verantwortungsvolle Planung bei Luftwärmepumpen in diesem Kontext veralteter Regelwerke aus?

Frank Dehnke: ‚Wir raten, die Wärmepumpen immer im Dialog mit den Nachbarn zu planen. Dazu auch einen kompetenten und unabhängigen Akustiker mit einzubeziehen, der die Ausbreitung ALLER Frequenzbereiche im Computer simulieren und so den idealen Standort festlegen kann. Akustische Betrachtungen/Maßnahmen sollten den Anfang einer WP-Planung darstellen und nicht erst am Ende oder im Problemfall erwogen werden, denn dann ist der entstandene Schaden (Sensibilisierung, Vertrauensverlust) nur noch mit stark erhöhtem Aufwand/Kosten zu beseitigen. Sollten nach Inbetriebnahme Beschwerden von Nachbarn auftreten, diese unbedingt ernst nehmen, denn tieffrequente Schalle breiten sich gänzlich anders aus als hörbarer Schall mittlerer Frequenzen und kann auch noch in weiter entfernten Gebäuden zu Resonanzeffekten und letztendlich zur Verstärkungen der Belastung führen.‘

Bei welchen Gebäuden machen Wärmepumpen überhaupt keinen Sinn?

Frank Dehnke: ‚In einem Altbau, auch wenn dieser über ein übliches Maß energetischer Sanierung verfügt – der Energiebedarf solcher Gebäude ist einfach zu hoch, so dass (zu) lange Laufzeiten der WP die zwangsläufige Folge sind.

Mit verlängerten Laufzeiten steigen nicht nur die Betriebskosten, sondern auch das Risiko spezifischer Belastungen des Innenohrs, auch wenn das Betriebsgeräusch zunächst nicht oder nicht als störend wahrgenommen wird. Besteht solch eine Belastung längerfristig, so sind Effekte wie Brummwahrnehmung, Hyperakusie oder das Empfinden eines Druckgefühls auf den Ohren Hinweise auf schallinduzierte Veränderungen des Ohrs, die nicht als Bagatelle abgetan werden dürfen.‘

Neubauten werden meistens über Bauträger realisiert. Was kann man hier als Laie checken, damit man nach Einzug keine Überraschungen erlebt?

Timo Müller: ‚Neben der ausreichenden Dimensionierung (gewährt kurze Laufzeiten) auch die dB-A Bewertung unter die Lupe nehmen. Vor allem als besonders leise beworbene Geräte kritisch darauf prüfen, wo die Schallenergie „versteckt“ wird. Nicht selten ist es dann das „dB-A-lautere“ Gerät, das insgesamt weniger Schallenergie an das Umfeld abgibt. Das Spektrum sollte bei tiefen Frequenzen weniger Schallenergie zeigen als bei mittleren und auch keine schmalen Spitzen (sog. „peaks“) aufweisen. Man sollte wirklich nur Wärmepumpen in Betracht ziehen, die vom Hersteller über das gesamte Frequenzspektrum (einschließlich tiefer Frequenzen) hinweg leise konstruiert sind. Deswegen empfiehlt es sich, vom Hersteller auch ein nach Frequenzen aufgeschlüsseltes, ungewichtetes Lärmprofil anzufordern (Schmalband oder FFT, eine einfache Terzbandanalyse reicht nicht aus).

Das ist übrigens eine Empfehlung des Ministeriums für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen – Broschüre „Mach es richtig – Lärmschutz bei Luftwärmepumpen“ (Hrsg. Energieagentur NRW, Sep. 2016).‘

Man sieht vielerorts sehr veraltete Wärmepumpen bei DHH – sollten diese ausgewechselt werden?

Frank Dehnke: ‚Das kommt sicher auf den Einzelfall an. Viele ältere DHH haben für Wärmepumpen eigentlich einen zu hohen Energiebedarf, was zu langen Laufzeiten und zu Nachtbetrieb führt. Oft ist auch die früher übliche Aufstellung zwischen den Giebelseiten akustisch sehr ungünstig. Man spricht vom sog. „Canyon-Effekt“, der die Belastung verstärkt. Gerade für dichte Besiedelung gibt es heute speziell konstruierte Systeme, die nicht nur auf eine „kleine dB-A-Zahl“ getrimmt sind und die daher auch im tieffrequenten Bereich wenig Schall abgeben und dabei gleichzeitig eine gute Wärmeleistung haben. Hat man bei gleicher dB-Zahl und Leistungsdaten keine weiteren Anhaltspunkte, so sollte man tendenziell dem Gerät mit dem Ventilator mit der höheren Flügelzahl den Vorzug geben.‘

Können Sie die Schallrechner empfehlen, wie man sie zu Hauf im Netz findet?

Timo Müller: ‚Die Schallrechner der Anbieter sind leider weitgehend nutzlos, da sie nicht alle Anteile des Schalls betrachten und auch lokale Gegebenheiten nicht ausreichend berücksichtigen. Das gesamte Schallspektrum muss betrachtet werden, da vor allem die tiefen Schallanteile (bei dB-A Angaben unterrepräsentiert) am häufigsten zu Gesundheitsstörungen bei Betreibern und Anwohnern führen. Seriöse Planungen beziehen daher einen qualifizierten Akustiker mit ein, der über ganz andere Werkzeuge verfügt und der so die Schallbelastungen des Umfeldes minimieren kann.‘

Ist diese Thematik spezifischer Gesundheitsbeeinträchtigungen durch tieffrequente Schalle ein neues Problem?

Frank Dehnke: ‚Die komplette Problematik ist in der Arbeitsmedizin seit Mitte des 20. Jh. bekannt. Neu ist lediglich, dass diese Fälle heute vermehrt in „ruhigen“ Wohngebieten auftreten, während sie früher nur an Arbeitsplätzen in der Industrie und im Transportwesen und zeitweilig (1960er-1980er Jahre) auch in zwangsbelüfteten (Großraum-)Büros zu beobachten waren. In letzterem Fall wurden die Symptome als Teilmenge des SBS (sick building syndrome = gebäudebezogene Erkrankung) eingestuft. Über die biologische Wirkung geringpegeliger tieffrequenter Schalle aus technischen Quellen haben wir eine umfassende Ausarbeitung zum Nachlesen auf unserer ITSW-Seite verfasst!

Gibt es eigentlich ein gültiges Regelwerk, welches auch bei Streitigkeiten vor Gericht weiterhelfen kann?

Timo Müller: ‚Generell raten wir dazu, eine Klage wirklich nur dann in Erwägung zu ziehen, wenn alle Versuche einer gemeinsamen Lösung gescheitert sind. Klagen ist teuer und langwierig. In vielen Fällen könnte das Problem mit einem Bruchteil der Kosten z.B. durch eine konstruktive Nachbesserung an der Quelle schnell beseitigt werden.

Wir können auch beobachten, dass die so offensichtlich veralteten Regelwerke dazu führen, dass Richter den Betreibern mehr Verantwortung zuweisen und zunehmend mehr Rücksichtnahme einfordern. Das macht auch Sinn, denn mehr Geräte auf gleicher Fläche bedeutet dass Obergrenzen bei den Schallemissionen nicht von einer einzelnen Anlage ausgeschöpft werden dürfen. Somit ist man als Bauherr oder Renovierer sicher gut beraten, wenn man bei der Planung stationärer Anlagen etwas konservativer vorgeht anstatt das Machbare auszureizen, bei den Abständen und der Schallabgabe zusätzlichen Sicherheitsspielraum vorsieht.‘

Für Betroffene mehr Infos unter https://www.laerm-luftwaermepumpen.de/

Für Fachpublikum: https://www.itsw-ev.de

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