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Kunstmarkt: Erstmals 20 Millionen für Bild vom dt. Künstler Max Beckmann

Das Gemälde “Selbstbildnis gelb-rosa” vom deutschen Künstler Max Beckmann wurde letzten Donnerstagabend in Berlin für 20 Millionen Euro versteigert. Es ist somit das teuerste Bild, das in Deutschland je bei einer Auktion versteigert wurde. Die sensationelle Neuigkeit dieses Rekord Preises verbreitete sich recht rasant in der europäischen Kunstszene. Wie dies den Kunstmarkt beeinflussen wird, hat uns Sophie Neuendorf vom führenden Portal für den internationalen Kunstmarkt ‚artnet‘ beantwortet. Da ist es fast ein Zufall, dass es gerade in der Pinakothek der Moderne eine Sonder-Ausstellung zu dem Maler (1884-1950) mit einem besonderen Werk (eine Leihgabe des MoMA NY) gibt.

Sophie Neuendorf von artnet gibt eine Einschätzung, wie das Auktions-Rekord-Ergebnis vom Kunstwerk von Max Beckmann den Kunstmarkt verändert.
Kunst-Expertin Sophie Neuendorf von artnet gibt eine Einschätzung, wie das Auktions-Rekord-Ergebnis vom Kunstwerk von Max Beckmann den Kunstmarkt verändert. Fotocredit: artnet

Wendepunkt für den deutschen Kunstmarkt

Können Sie uns etwa zur Jahrhundert-Auktion erzählen, welche letzte Woche im Auktionshaus Grisebach stattfand?

Sophie Neuendorf: ‚Das einzigartige Selbstporträt aus dem Jahr 1943 wurde am 01. Dezember 2022 von Grisebach versteigert. Somit ist es das teuerste, je in der Bundesrepublik versteigerte Kunstwerk. Der Preis, einschließlich der vom Auktionshaus erhobenen Gebühren, übertrifft das bisher erzielte Höchstgebot für ein Beckmann Selbstportrait. Diese Versteigerung löst somit Beckmanns “Die Ägypterin”, welches 2018 für 5,5 Millionen Euro verkauft wurde, als teuerstes je in Deutschland versteigertes Bild, ab. Laut Artnet-Daten war das “Selbstbildnis mit Horn” (1938) mit einem Preis von 22,5 Millionen Dollar plus Nebenkosten, das im Jahr 2001 bei Sotheby’s in New York unter den Hammer gekommen, vorher das teuerste Beckmann Selbstporträt. Grisebachs Rekord Ergebnis ist nun der zweithöchste Preis, der je für ein Beckmann-Gemälde erzielt wurde. Bei Christie’s in London wurde 2017 “Bird’s Hell” (1937-38) für insgesamt 36 Millionen Pfund (umgerechnet 44 Millionen Dollar) inklusive Gebühren, verkauft.‘

Weiß man, wer das Bild gekauft hat?

Sophie Neuendorf: ‚Aktuell ist nun ein Sammler aus dem deutschsprachigen Raum, der am Telefon geboten hatte, nun der glückliche Besitzer des in Berlin versteigerten Meisterwerks.‘

Was macht das versteigerte Bild denn so begehrenswert?

Sophie Neuendorf: ‚Das „Selbstbildnis gelb-rosa“ ist in vielerlei Hinsicht ein bemerkenswertes Bild: Beckmanns Selbstportraits sind von herausragender Bedeutung innerhalb seines Oeuvres. Dieses besondere Gemälde zeigt Beckmann in nachdenklicher Haltung, er trägt einen mit Pelz gefütterten Hausmantel, die Arme in fürstlicher Pose verschränkt. Selbstporträts gehören zu den berühmtesten Werken Beckmanns. Dieses entstand, als der deutsche Künstler nach seiner Flucht aus Nazi-Deutschland in Amsterdam im Exil lebte.‘

Was können sie denn über den Verlauf der Versteigerung sagen?

Sophie Neuendorf: ‚Der Abend der Versteigerung bei Grisebach war insgesamt sehr lebhaft, mehrere Bieter im Saal konnten sich für das Angebot begeistern. Somit wechselten viele der Lose den Besitzer. Einige der Besucher waren unter anderem gekommen, um das Hauptlos des Abends zu sehen und natürlich auch, um Zeitzeuge eines Rekords zu werden, denn die Galerie Grisebach selbst hatte vorab schon mit einem geschätzen Wert von 20 bis 30 Millionen Euro gerechnet.

Das Beckmann-Werk wurde als Star-Los der Auktion ohne Garantie angeboten. Das “Selbstporträt gelb-rosa” war vorab im November zur Besichtigungen nach New York gereist, bevor es in Grisebachs historische Villa im Westen Berlins zurückkehrte. Wahrscheinlich hatte es die Herzen einiger amerikanischer Sammler erobert. Zwei Spezialisten Grisebachs wechselten während der Auktion bemerkenswerterweise zum Englischen über. Die Einzigartigkeit des Werks ergibt sich neben seiner Komposition aus der Tatsache, daß es eines von fünf Selbstporträts ist, die sich in Privatbesitz befinden. Sie stehen nur selten zum Verkauf.

Was bedeutet das nun für den deutschen Kunstmarkt?

Sophie Neuendorf: ‚Die Versteigerung bei Grisebach stellt einen Wendepunkt für den deutschen Kunstmarkt dar, der in den letzten Jahren explodiert ist. Sotheby’s kehrte letztes Jahr nach einer Unterbrechung nach Deutschland zurück. Die Verkäufe waren in den vergangenen Jahren robuster als sonst. Vermehrt wurden Werke in Millionenhöhe verkauft. Angesichts der Auswirkungen des Brexit, der Import- und Export Transaktionen erheblich erschwert, ist die Entscheidung von Sotheby’s kaum eine Überraschung.

Christie’s hat seine Präsenz in Paris in den letzten Jahren stetig ausgebaut, Amsterdam ist in Bezug auf die Käufer Möglichkeiten kleiner, so dass das Größte Land der EU in Bezug auf Wirtschaftskraft die logische Wahl für Sotheby’s – und folglich auch für internationale Sammler – zu sein scheint. Das Ergebnis der Grisebach-Versteigerung am ersten Dezember ist mehr als doppelt so hoch, wie der letzte Rekordpreis, der in Deutschland erzielt wurde. Das Auktionshaus Nagel in Stuttgart versteigerte eine Chinesischen Bronzeskulptur aus dem Jahr 1473 für 9,5 Millionen Euro. Den Höchstpreis  für ein in Deutschland verkauftes Gemälde hält das wie bereits oben erwähnte Auktionshaus Grisebach. 2018 war es ebenfalls ein Beckmann-Gemälde mit dem Titel „Die Ägypterin“ (1942), welches für 5,5 Millionen Euro verkauft wurde.

Wie wird sich der Kunstmarkt in Zukunft verändern?

Sophie Neuendorf: ‚Werfen wir zum Vergleich einen Blick auf den Markt. Die Top 5 der deutschen Auktionshäuser, also gemessen an den Verkaufswerten sind chronologisch gesehen Grisebach, Ketterer, Hampel Fine Art Auctions, Lempertz und Van Ham. Der Gesamtwert der Ketterer-Auktionen im Jahr 2022 beträgt bisher fast 40 Millionen USD. Nach der Auktion vom 1. Dezember liegt der Gesamtwert der Verkäufe von Grisebach im Jahr 2022 bei insgesamt 46 Mio. USD. Somit ist Grisebach dieses Jahr das erfolgreichste Auktionshaus Deutschlands.‘

Wie steht der deutsche Auktionsmarkt im Vergleich zu seinen europäischen Pendants im Jahr 2022 da?

Sophie Neuendorf: ‚Der Gesamtumsatz in Deutschland betrug in diesem Jahr 193 Millionen Dollar. Der österreichische Markt verzeichnete einen Gesamtumsatz von 94 Millionen Dollar, der Schweizer Markt 182 Millionen Dollar und der französische Markt 967 Millionen Dollar. Interessanterweise wurden von Gerhard Richter Kunstwerke im Wert von 223 Millionen Dollar dieses Jahr international versteigert. Das ist mehr als der deutsche Auktionsmarkt insgesamt umgesetzt hat. Als einer der stärksten europäischen Märkte wird Deutschland wahrscheinlich noch einige Jahre Wachstum verzeichnen müssen, bis es mit Frankreich und dem Vereinigten Königreich konkurrieren kann. Beide Länder haben bisher einen Gesamtumsatz von über 1 Milliarde Dollar erzielt. (Quelle: Artnet Price Database).

Überraschenderweise haben sich deutsche Künstler in Zeiten des weltweiten wirtschaftlichen Abschwungs als robust erwiesen. Oftmals übertreffen sie ihre amerikanischen oder britischen Kollegen in Bezug auf den Verkaufswert.‘

Top 5 der gefragtesten deutschen Künstler

Zu den gefragtesten Deutschen zählen Gerhard Richter, Georg Baselitz, Sigmar Polke, Franz Marc und Max Ernst. Mit einer historisch starken Sammlerkultur und einer tief verwurzelten Liebe und Wertschätzung für die Kunst, wird es nicht lange dauern, bis der deutsche Markt zu einem Zentrum für internationale Sammler wird. Eine Fülle von Privatsammlungen in Deutschland wird sicherlich reichlich Gelegenheit bieten, einzigartige und ungesehene Meisterwerke zu erwerben. Viele der bedeutendsten Kunstsammlungen der Welt befinden sich immerhin in Deutschland. Und nicht wenige dieser wunderbaren Sammlungen werden in absehbarer Zeit an die nächste Generation weitergegeben werden.‘

Wie wird sich der deutsche Kunstmarkt in den nächsten Jahren entwicklen?

Sophie Neuendorf: ‚Laut unseren Artnet Daten haben deutsche Sammler in der Vergangenheit impressionistische und moderne Kunst bevorzugt. Dicht gefolgt von Gemälden der Nachkriegszeit und alten Meistern. Jetzt sind diese Kategorien an mühsame Export Regeln und -Vorschriften gebunden. Diese hatte die deutsche Kultusministerin vor wenigen Jahren eingeführt (angeblich zum Schutz des deutschen Kulturerbes).

Die viertbeliebteste Sammelkategorie ist die zeitgenössische Kunst, die international viel leichter zu handeln ist. Mit dem Aufstieg der neuen Sammler Generation der Millennials ist der deutsche Markt vielleicht bereit für eine Veränderung des Wohlstands und der Sammelgewohnheiten. Der deutsche Markt zieht ein internationales Publikum an. Dadurch ist dieser auf dem besten Weg, mit Frankreich und dem Vereinigten Königreich zu konkurrieren.‘

Max Beckmann gerade als Sonderausstellung in der Pinakothek der Moderne
Aufbruch und Reise als existentielle Grunderfahrungen stehen erstmals im Mittelpunkt einer Max Beckmann gewidmeten Ausstellung in der Münchner Pinakothek der Moderne. Beckmann’s Leben war geprägt durch tragische Erfahrungen von Krieg und Entwurzelung. Geboren in Leipzig starb er in seiner Wahlheimat New York.

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Fotograf: Max Meissner

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