Städte wie Paris, Mailand, London, New York, Berlin sind für ihre herausragenden Modewochen weltweit bekannt. München wird zwar nicht traditionell als Modehauptstadt angesehen, hat sich jedoch eine ganz eigene, einzigartige Rolle in der Modewelt gesichert. So feierte Ende 2019 die Vogue ihr 40-jähriges Deutschland-Jubiläum in der Villa Stuck mit einer Jubiläumsausstellung, wo Kreationen namhafter Designer wie Karl Lagerfeld, Vivienne Westwood oder Jean Paul Gaultier gezeigt wurden.
Namhafte Ausstellungen als Fashion Statements
Ab Ende Februar 2024 wird in der Kunsthalle München die erste große Retrospektive des niederländischen Designerduos Viktor&Rolf in Deutschland gezeigt. Der Erfolg dürfte vorprogrammiert sein, denn der kanadische Modeautor und Kurator Thierry-Maxime Loriot entwickelte das Konzept. Alle seine Ausstellungen gingen in die Verlängerung. Für die aufsehenerregende Schau von ‚Jean Paul Gaultier. From the Sidewalk to the Catwalk‘ (2015) gab es zeitweise lange Schlangen in der Theatinerstraße.
Der 2019 verstorbene weltberühmte Fotograf Peter Lindbergh kam 2017 aus seiner Wahlheimat Paris extra nach München, um die Ausstellung ‚Peter Lindbergh. From Fashion to Reality‘ (2017) in der Kunsthalle mit zu eröffnen. Als passender Match zum Outfit zählen immer Düfte. 2024 steht zum Beispiel Prada Paradoxe auf der Fashion-Statement-Liste.
München – Die Dirndl-Modehauptstadt
In den letzten Jahren gibt es kaum deutsche Modebrands, welche kein Dirndl im Programm hatten. Von Bogner über Boss, Dorothee Schumacher oder renommierte Mode-Influencer wie Viky Rader haben mindestens ein Dirndl im Programm. Viky Rader kreiert mit dem Münchner Department-Store LODENFREY heuer bereits im vierten Jahr eine limitierte Trachtenkollektion. Die Modeunternehmerin studierte an der namhaften St. Martins School in London und gründete 2021 ihre Modefirma Viky Rader Studio. Als Influencerin/Model/Designerin und Unternehmerin ist sie ein gern gesehener Gast bei der Berliner Fashion Week, welche nächste Woche wieder in der Hauptstadt durchstartet. Ein Dirndl wird sie nicht zeigen, aber sie erzählte uns einmal bei einem Presseevent, dass ihrer Meinung nach ein Dirndl jeder Frau schmeichelt.
Die bayerische Trachtenmode hat zwar während des Oktoberfests HighSeason. doch eine Tradition in der Herstellung von hochwertiger Trachtenbekleidung hat sich bereits Anfang des 19.ten Jahrhunderts entwickelt. Damals und auch heute noch ist das Dirndl ein Symbol regionaler Identität, Geschichte und kultureller Vielfalt. Ursprünglich als Arbeitskleidung in ländlichen Gebieten konzipiert, hat das Dirndl im Laufe der Zeit eine modische Entwicklung erfahren.
Regionale Unterschiede und Vielfalt
Das faszinierende am Dirndl ist seine Fähigkeit, regionale Unterschiede und Traditionen widerzuspiegeln. Je nach Region in Bayern, aber auch in Österreich haben Dirndl unterschiedliche Schnitte, Farben und Verzierungen. Insider können bereits an der Trachtenbekleidung Rückschlüsse auf die Trägerin ziehen. Zum Beispiel hat das Miesbacher Dirndl typischerweise eine andere Schnittform als das Chiemgauer Dirndl. In Längen, Farben und auch Mieder-Details gibt es minimale Unterschiede.
Es fällt aber auch auf, dass diese Unterschiede immer mehr verschwimmen. Individuelle Kreationen weichen von diesen traditionellen Merkmalen immer mehr ab, weil sich die Trachtenmode natürlich auch weiterentwickelt. Da ist es keine Seltenheit, dass Münchnerinnen im Durchschnitt vier Dirndl im Kleiderschrank haben.
VIPS und ihre Trachten-Vorlieben
Auch Prominente entscheiden sich oft nach Geschmack, Farbe und Vorlieben, für welches Trachtengewand sie sich entscheiden. Bei Männern wie Arnold Schwarzenegger fällt die Lederhose spätestens zum Hahnenkammrennen natürlich auf. Er ist quasi mit Tracht als Österreicher aufgewachsen. Wenn er die Möglichkeit hat, zeigt er sich auch gern in Lederhose und hochwertigen Jankerl. In den letzten Jahren – auch vor der Pandemie – ist er auch immer nach München zum Oktoberfest im September gekommen.
Doch die Fotografen haben eine Vorliebe für Dekolletés und lichten viel lieber die Damenwelt ab. Schwarzeneggers Frau Heather Milligan trug bei der legendären Weißwurstparty im Stanglwirt eine Kreation von der Münchner Dirndl-Designerin Kinga Mathe.
Besonders Designer experimentieren oft mit verschiedenen Elementen, um traditionelle Designs zu aktualisieren und an moderne Vorlieben anzupassen. Die Regensburger Designerin Astrid Söll ist für ihre Dirndl-Maßanfertigungen bekannt. Oftmals wird sie via Fax aus USA kontaktiert, denn man muss zwei bis sechs Wochen – je nach Stoffverfügbarkeit, Sonderwünsche und Auftragslage – auf das Dirndl warten.
Geschichte des Dirndls in München
Besonders in München als Landeshauptstadt Bayerns hat das Dirndl eine reiche Geschichte. Ursprünglich von Bäuerinnen in ländlichen Gebieten getragen, fand das Dirndl im 19. Jahrhundert Eingang in die städtische Mode.
In München, angefangen beim Kocherlball im Englischen Garten über die Wald- und Seefeste bis zum Oktoberfests. 1880 fand der erste Kocherlball statt und erst 1989 zur Zweihundertjahrfeier des Englischen Gartens wurde die Tradition nach langer Pause wieder aufgenommen. Ursprünglich als Arbeitskleidung konzipiert, entwickelte sich das Dirndl in München zu einem festlichen und eleganten Outfit, welches man mittlerweile zu den verschiedensten gesellschaftlichen Anlässen trägt. Sogar Hochzeitspaare wählen oft die Tracht, gilt es als gutes Omen in einem weißen Dirndl zum Traualtar zu schreiten. Der wichtigste Termin 2024, um Tracht zu tragen, ist definitiv das Oktoberfest, welches vom 21. September bis 6. Oktober 2024 stattfinden wird.
Text: Yvonne Wirsing