Demografischer Wandel verschärft Fachkräftemangel
Der Pflegenotstand ist längst kein Szenario der Zukunft mehr. Bayern steht – wie viele andere Bundesländer – unter Druck. Trotz eines gestiegenen Gesundheitsbewusstseins steigt durch den demografischen Wandel die Zahl der pflegebedürftigen älteren Menschen kontinuierlich an. Gleichzeitig sinkt die Zahl an Interessierten für Pflegeberufe drastisch. In vielen Regionen, besonders in urbanen Zentren, spitzt sich die Lage weiter zu.

„Bayern steht nicht gut da“ – Experten schlagen Alarm
Eine Analyse des Deutschen Instituts für angewandte Pflegeforschung im Auftrag der Vereinigung der Pflegenden in Bayern (VdPB) zeigt: Bayern ist schlecht aufgestellt. Laut Prof. Michael Isfort wird der Mangel an Pflegefachkräften mittel- bis langfristig dazu führen, dass Einrichtungen nicht mehr voll belegt arbeiten können, um Pflegequalität überhaupt noch zu gewährleisten. Die Folge: finanzielle Verluste, sinkende Gehälter und ausgedünnte Versorgung.
Stadt oder Land? Die Lage ist unterschiedlich prekär
Während in ländlichen Gebieten traditionell häufiger zu Hause gepflegt wird, ist die Situation in Städten wie München besonders angespannt. Hier fehlt nicht nur bezahlbarer Wohnraum – auch Angehörige stehen durch Erwerbsarbeit oft nicht für Pflegeaufgaben zur Verfügung. München wurde in der Studie als besonders gefährdete Region identifiziert: Der Fachkräfteengpass ist hier besonders drastisch.
Imageproblem und Ausbildungsbarrieren bremsen Nachwuchs aus
Die Pflegeausbildung bietet eigentlich vielfältige Karrierewege – von Spezialisierungen bis hin zu Studiengängen. Dennoch bleibt der Nachwuchs aus. Warum? Schlechte Arbeitsbedingungen, geringe Bezahlung, fehlende Aufstiegsperspektiven. Die generalistische Pflegeausbildung wirkt zudem auf Hauptschulabsolvent:innen abschreckend, obwohl der Zugang formal nicht eingeschränkt wurde.
Pflegeberuf mit Dauerbelastung: Realität in Schichten
Unregelmäßige Dienstpläne, kurzfristige Einsätze aus dem Frei, permanente Überstunden – das sind keine Ausnahmen, sondern Alltag in vielen Einrichtungen. Wer pflegt, braucht Rückhalt im Privatleben. Doch dieser wird durch Nachtschichten und fehlende Planbarkeit häufig zerstört. Kein Wunder, dass viele Azubis das „große Examen“ gar nicht erst anstreben – zu frustrierend ist der Blick auf die Realität.
Strukturelle Probleme lassen sich nicht mit Reförmchen lösen
Kleine Anpassungen reichen nicht mehr aus. Wirtschaftlicher Druck, Personalmangel und überregulierte Abläufe machen echte Verbesserungen schwer. Zeitdruck in der mobilen Pflege verhindert Empathie und Qualität. Pflegebedürftige fühlen sich zunehmend entmenschlicht. Gleichzeitig sind Qualifikationen für besondere Betreuungsbedarfe zwar vorhanden, aber schwer zugänglich.
Internationale Pflegekräfte: Keine Lösung für alles
Der Einsatz ausländischer Fachkräfte lindert punktuell – löst aber nicht das Grundproblem. Zudem bevorzugen viele Pflegekräfte aus Osteuropa urbane Regionen. Auf dem Land bleiben Lücken. Und auch global aktive Familien in Bayern können Pflegeverantwortung selten selbst übernehmen. Der Bedarf an professionellen Pflegeangeboten wird daher weiter steigen.
Fazit: Der Freistaat darf nicht weiter zögern
Der Pflegenotstand in Bayern ist real – auch wenn er noch nicht skandalös sichtbar geworden ist. Politik, Kostenträger und Berufsverbände stehen in der Pflicht, durchdachte Konzepte zu entwickeln. Zentrale Punkte: Nachwuchsförderung, gezielte Aufklärung, Chancengleichheit in der Ausbildung und die Attraktivitätssteigerung des Berufsbildes – auf allen Ebenen.